Tenor
I. Das Amt des mit Senatsbeschluss vom 29. Juli 2022, Az. 102 SchH 55/22, bestellten Ersatzeinzelschiedsrichters XXX wird für beendet erklärt.
II. Zur Durchführung des Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen der Ansprüche der Antragstellerin nach Auflösung der mit dem Antragsgegner gebildeten Steuerberatersozietät wird zum Ersatzeinzelschiedsrichter bestellt:
Rechtsanwalt YYY, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, c/o
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III. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Der Streitwert für das Bestellungsverfahren wird auf 245.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Aufgrund Sozietätsvertrags vom 24. März 1992 war die Antragstellerin mit dem Antragsgegner in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur gemeinsamen Ausübung des steuer- und wirtschaftsberatenden Berufs verbunden.
Nach § 15 des Vertrags bleibt die Gesellschaft bei Ausscheiden eines Gesellschafters grundsätzlich bestehen. Für den Fall, dass der Gesellschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens nur zwei Gesellschafter angehören, bestimmt § 15, dass der verbleibende Gesellschafter die Kanzlei als Einzelunternehmen weiterbetreiben kann.
§ 16 des Gesellschaftsvertrags besagt, dass sich die Parteien über die Einzelheiten der Auflösung in einer gesonderten Vereinbarung zu einigen haben, wenn sie übereinstimmend die Auflösung der Gesellschaft wünschen. § 17 des Gesellschaftsvertrags bestimmt für Streitigkeiten der Gesellschafter:
Sämtliche Gesellschafter verpflichten sich, etwaige Streitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs beizulegen. Statt der Anrufung eines öffentlichen Gerichts haben sie einen neutralen Dritten zu bestimmen, der in Zusammenarbeit mit den Gesellschaftern versucht, die Streitigkeiten beizulegen. Können sich die Gesellschafter auf keinen solchen neutralen Dritten einigen, so erklären sie sich bereits jetzt damit einverstanden, dass ein solcher von der Bundes-Steuerberaterkammer bestimmt wird. Auch erklären sich die Gesellschafter bereits jetzt damit einverstanden, dass sie sich mit [sic!] dem Schiedsspruch des neutralen Dritten unterwerfen, falls eine gütliche Einigung auch unter Mitwirkung dieses neutralen Dritten nicht zustande kommt.
Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Landshut.
Aufgrund ihres Ausschlusses aus der Sozietät mit Schreiben des Antragsgegners vom 11. Oktober 2002 und nach Bestimmung eines Schiedsrichters durch die Bundessteuerberaterkammer erhob die Antragstellerin Schiedsklage gegen den Antragsgegner, mit der sie sich gegen ihren Ausschluss und weitere Maßnahmen des Antragsgegners wandte. Im Schiedsverfahren schlossen die Parteien am 15. Januar 2003 einen Zwischenvergleich, in dem sie sich auf die Auflösung der Sozietät zu diesem Tag einigten und Regelungen zur Abwicklung trafen. Unter anderem sollte im schiedsgerichtlichen Verfahren ein Gutachten zum Wert der Sozietät bezogen auf den 15. Januar 2003 und zur Höhe des im Rahmen der Sozietätsauflösung zu erbringenden Ausgleichsbetrags eingeholt werden. In der Folgezeit wurden mehrere Sachverständigengutachten erstattet, über deren Inhalt und Brauchbarkeit die Parteien seit Jahren streiten.
Einen Antrag der Antragstellerin, die Beendigung des Schiedsrichteramts auszusprechen, wies das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 17. Dezember 2010 ab. Nachdem der vormalige Schiedsrichter im September 2018 sein Amt niedergelegt hatte, bestellte der Senat mit Beschluss vom 29. Juli 2022, Az. 102 SchH 55/22, Rechtsanwalt und Steuerberater XXX als Ersatzeinzelschiedsrichter. Der Beschluss wurde den Parteien und dem Schiedsrichter formlos übersandt. Vor der Bestellung hatte die damalige Berichterstatterin, Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht Dr. S., mit Rechtsanwalt XXX telefonisch abgeklärt, dass dieser zur Übernahme des Schiedsrichteramts bereit und in der Lage ist. Auf die Verfügung vom 30. Juni 2022 im Verfahren 102 SchH 55/22 wird Bezug genommen.
Eine schriftliche Nachfrage der Antragstellerin vom 24. November 2022, wann mit dem Fortgang des Schiedsverfahrens gerechnet werden könne, blieb unbeantwortet. Nach zahlreichen erfolglosen telefonischen Bemühungen gelang der Antragstellerin im März 2023 eine Kontaktaufnahme mit dem Schiedsrichter, der angab, von seiner Bestellung keine Kenntnis zu haben. Auf die mit Schreiben vom 24. März 2023 erfolgte Übermittlung des Bestellungsbeschlusses durch die Antragstellerin reagierte der Schiedsrichter nicht, ebenso wenig auf eine weitere schriftliche Nachfrage vom 22. Mai 2023. Mit Schreiben vom 25. Juli 2023 forderte die Antragstellerin den Schiedsrichter auf, bis 9. August 2023 den Rücktritt vom Amt des Schiedsrichters zu erklären, nachdem er auf erneute telefonische Nachfrage mitgeteilt hatte, er sei in absehbarer Zeit aufgrund anderweitiger Verpflichtungen nicht in der Lage, das Verfahren fortzuführen. Auch auf dieses Schreiben erfolgte keine Reaktion. Auf ein weiteres Schreiben vom 14. September 2023, mit dem die Antragstellerin den Schiedsrichter nochmals zum Rücktritt aufforderte, übersand...