Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache. Testament
Leitsatz (amtlich)
Die von einem Ehegatten im eigenhändig geschriebenen und unterzeichneten Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments getroffenen Erbeinsetzungen im Sinn des § 2269 Abs. 1 BGB (Berliner Testament) können regelmäßig nicht als alleinige Vollerbeneinsetzung des anderen Ehegatten aufrechterhalten werden.
Leitsatz (redaktionell)
Für die Frage, ob nur der Entwurf eines gescheiterten gemeinschaftlichen Testaments oder wirksame einseitige Verfügungen vorliegen, kommt es auf den Willen desjenigen an, der die Erklärung niedergelegt hat. Dabei ist die Auslegungsregel des § 2084 BGB nicht anwendbar. Entscheidend ist, ob der durch Auslegung zu ermittelnde Wille des Erblassers dahin geht, dass seine Verfügungen, die er als gemeinschaftliches Ehegattentestament entworfen hatte, unabhängig vom Beitritt des anderen Ehepartners gelten sollen.
Normenkette
BGB §§ 133, 2247, 2267, 2269, 2265
Verfahrensgang
LG Regensburg (Zwischenurteil vom 04.02.2000; Aktenzeichen 5 T 633/99) |
AG Regensburg (Zwischenurteil vom 01.09.1999; Aktenzeichen VI 173/94) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 4. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2 und 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 165.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der 1994 im Alter von 80 Jahren verstorbene Erblasser war mit der Beteiligten zu 1 verheiratet. Aus der Ehe sind die Beteiligten zu 2 und 3 hervorgegangenen. Zum Nachlaß gehören Bankguthaben sowie die Hälfte eines Hausgrundstücks, dessen andere Hälfte im Eigentum der Beteiligten zu 1 steht.
Der Erblasser hat eine handschriftliche letztwillige Verfügung errichtet, die er mit „Unser Testament” überschrieben und unter dem 30.5.1988 unterzeichnet hat. Sie lautet auszugsweise wie folgt:
Im Besitze unserer geistigen und körperlichen Kraft erklären wir hiermit, für den Fall unseres Todes den letzten Willen:
Unseren gesamten unbeweglichen Besitz und derzeitigen Spareinlagen sowie der Haushaltsgegenstände setzen wir uns als gegenseitige Alleinerben ein. Auf den Tod des Letztlebenden von uns setzen wir unsere gemeinschaftlichen Kinder zu Erben ein. …
Die Testamentsurkunde wurde von der Ehefrau (Beteiligte zu 1) nicht mitunterzeichnet.
Das Nachlaßgericht hat am 29.7.1994 einen Erbschein bewilligt, der die Beteiligte zu 1 entsprechend ihrem Antrag als Alleinerbin ausweist. Die Beteiligte zu 3 hat am 25.1.1999 angeregt, den Erbschein einzuziehen. Sie ist der Auffassung, es liege kein wirksames Testament vor, sondern nur der Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments.
Mit Beschluß vom 1.9.1999 hat das Nachlaßgericht die Einziehung des Erbscheins angeordnet. Die Beteiligte zu 1 hat Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluß vom 4.2.2000 zurückgewiesen hat. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. Der Erbschein wurde bisher nicht zu den Akten zurückgegeben.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß der vom Amtsgericht eingezogene Erbschein unrichtig im Sinn von § 2361 Abs. 1 Satz 1 BGB ist.
1. Zutreffend hat das Beschwerdegericht dem Inhalt der vom Erblasser handschriftlich geschriebenen und unterzeichneten letztwilligen Verfügung vom 30.5.1988 entnommen, daß er ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten (§ 2265 BGB) in der Form des § 2267 Abs. 1 BGB hat errichten wollen.
a) Einen dahingehenden Willen (vgl. BayObLG NJW-RR 1992, 332; OLG Frankfurt FGPrax 1998, 145 m.w.N.) hat das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler der Testamentsurkunde selbst entnommen, da das Schriftstück im Eingang die Namen beider Ehegatten bezeichnet, im Plural abgefaßt ist und eine gegenseitige Alleinerbeinsetzung enthält.
b) Wie das Beschwerdegericht weiter zutreffend zugrundelegt, ist die Verfügung vom 30.5.1988 als gemeinschaftliches Testament nicht wirksam geworden, weil die Beteiligte zu 1 als Ehefrau die Erklärungen des Erblassers nicht unterschrieben hat (§ 2267 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB; vgl. BGH NJW-RR 1987, 1410; BayObLG NJW-RR 1992, 332/333; Palandt/Edenhofer BGB 59. Aufl. § 2267 Rn. 2). Hat wie hier einer der Ehegatten die als gemeinschaftlich vorgesehenen Erklärungen vollständig niedergeschrieben und unterschrieben, werden diese aber vom anderen Ehegatten nicht unterzeichnet, und hat dieser auch sonst keine Beitrittserklärung abgegeben, so liegt der Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments im Sinn von § 2267 Satz 1 BGB vor.
2. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, daß die Verfügung des Erblassers auch nicht als Einzeltestament aufrechterhalten werden kann. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerdeführerin ohne Erfolg.
a) Die eigenhändig geschriebenen Verfügungen des Erblassers genügen der Testamentsform des § 2247 Abs. 1 BGB. In einem solchen Fall...