Leitsatz (amtlich)
Einer abgeschlossenen Lehre vergleichbar im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG ist die Zuerkennung fachlicher Eignung gemäß § 76 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz.
Normenkette
BBiG § 76; BGB §§ 1836, 1836a, 1908i; BVormVG §§ 1-2; FGG § 69e S. 1, § 56g Abs. 5 Sätze 1-2
Verfahrensgang
LG Bayreuth (Beschluss vom 28.07.1999; Aktenzeichen 15 T 75/99) |
AG Bayreuth (Aktenzeichen XVII 1012/92) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Bayreuth vom 28. Juli 1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Staatskasse hat dem Betreuer die durch die Rechtsbeschwerde entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
I.
Für den Betroffenen ist ein Betreuer bestellt. Dieser war zuletzt als Leiter der Kreditabteilung einer Großbank beschäftigt und führt gemäß Feststellung des Amtsgerichts die Betreuung berufsmäßig. Er beantragte, ihm einen Stundensatz für die Betreuung in Höhe von 60 DM zu bewilligen. Mit Beschlüssen vom 28.6.1999 und 5.7.1999 legte das Amtsgericht bei der Festsetzung der ihm aus der Staatskasse zu bewilligenden Vergütung lediglich einen Stundensatz von 45 DM zugrunde. Mit Beschluß vom 28.7.1999 hat das Landgericht sowohl die sofortige Beschwerde des Betreuers als auch die der Staatskasse zurückgewiesen und die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Gegen den Beschluß des Landgerichts wendet sich nur noch die Staatskasse mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie geltend macht, daß der Antragsteller nur eine Betreuervergütung von 35 DM verlangen könne, da er seine Kenntnisse weder durch eine abgeschlossene Berufsausbildung noch durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben habe.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig. Es ist gemäß § 29 Abs. 2 i.V.m. § 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 1 FGG statthaft und vom Landgericht zugelassen (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG). Die sofortige weitere Beschwerde der Staatskasse bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Hat das Vormundschaftsgericht festgestellt, daß der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt, so hat es ihm für seine Tätigkeit eine Vergütung zu bewilligen (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, §1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB). Ist der Betreute mittellos, kann der Betreuer Vergütung aus der Staatskasse verlangen, und zwar je nach seiner Qualifikation für jede Stunde der für die Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit 35, 45 oder 60 DM (§ 1836a BGB, § 1 Abs. 1 BVormVG).
2. Das Landgericht hat ausgeführt: Dem Betreuer stehe ein Stundensatz von 45 DM zu. Die von ihm durchlaufene Ausbildung sei einer abgeschlossenen Lehre gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG gleichzustellen. Entscheidendes Kriterium sei die erfolgreich abgeschlossene Ausbilderprüfung. Daß die Kenntnisse, die der Betreuer während seiner Ausbildung im Bankgewerbe und während seiner Berufstätigkeit erworben habe, für die Führung einer Betreuung grundsätzlich nutzbar seien, stehe außer Zweifel.
3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO).
Die Feststellungen des Landgerichts tragen die von der Staatskasse beanstandete Zubilligung eines Stundensatzes von 45 DM.
a) Zur Bestimmung des dem Betreuer zustehenden Stundensatzes hat der Gesetzgeber die Qualifikation des Betreuers verbindlich nach der Art seiner Ausbildung in einer dreistufigen Skala typisiert (BayObLGZ 1999 Nr. 60; BT-Drucks, 13/7158 S. 27). Der Mindeststundensatz beträgt 35 DM. Er erhöht sich auf 45 bzw. 60 DM, wenn der Betreuer seine Fachkenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre bzw. eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule erworben hat (§ 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG). Um ein zu grobes Raster zu vermeiden (vgl. Barth-Wagenitz BtPrax 1996, 118/120), hat der Gesetzgeber jedoch einer abgeschlossenen Lehre bzw. Hochschulausbildung jeweils „vergleichbare” abgeschlossene Ausbildungen gleichgestellt.
Durch eine einer abgeschlossenen Lehre vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind die Fachkenntnisse grundsätzlich dann, wenn sie im Rahmen der Ausbildung vermittelt wurden und die Ausbildung in ihrer Wertigkeit einer abgeschlossenen Lehre entspricht sowie einen formalen Abschluß aufweist (vgl. zur Hochschulausbildung BayObLG a.a.O.; Barth/Wagenitz a.a.O.).
Einer abgeschlossenen Lehre gleichwertig ist eine Ausbildung in der Regel, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist (vgl. Barth/Wagenitz a.a.O.), der durch sie vermittelte Wissenstand nach Art und Umfang dem durch eine Lehre vermittelten entspricht (vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG) und ihr Erfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegte Prüfung belegt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BVormVG; vgl. BayObLG a.a.O.; Barth/Wagenitz a.a.O.).
b) Im vorliegenden Fall hat der Betreuer seine Kenntnisse zwar nicht in einer staatlich reglementierten oder anerkannten Ausbildung erworben und auch keine Fachprüfung vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegt. Dies ist jedoch nicht ausnahmslos nötig. Eine a...