Leitsatz (amtlich)

Ein Grundstück, das noch vom Erblasser aufgelassen wurde, dessen Eigentumsumschreibung im Grundbuch aber zu dessen Lebzeiten nicht mehr erfolgte, gehört auch hinsichtlich des Geschäftswerts zum Nachlass. Seinem Wert kann jedoch der auf Übereignung des Grundstücks gerichtete schuldrechtliche Anspruch als Nachlassverbindlichkeit gegenüberstehen.

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 17.05.2004; Aktenzeichen 7 T 4521/03)

AG Fürth (Bayern) (Beschluss vom 10.03.2003; Aktenzeichen VI 0818/99)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 17.5.2004 und der Beschluss des AG Fürth vom 10.3.2003 werden aufgehoben.

II. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung an das AG Fürth zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist Alleinerbin ihrer am 30.6.1999 verstorbenen Mutter. Der dem zugrunde liegende Erbvertrag vom 1.10.1983 sowie ein öffentliches Testament vom 23.4.1993 nebst Nachtrag vom 18.12.1993 wurden vom Nachlassgericht am 16.7.1999 eröffnet. Hierfür wurde mit Kostenrechnung vom 21.10.2002 eine halbe Gebühr aus einem Geschäftswert von 3.188.000 Euro von der Beteiligten verlangt. Die Beteiligte, vertreten durch ihren Ehemann, wandte sich u.a. gegen diesen Geschäftswert. Der Wert eines Hausgrundstücks, das der Beteiligten durch notariell beurkundeten Vertrag vom 10.11.1998 von ihrer Mutter geschenkt worden war, sei zu Unrecht bei der Bildung dieses Geschäftswerts herangezogen worden.

Das AG wies durch Beschluss vom 10.3.2003 die Erinnerung zurück. Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde verfolgte die Beteiligte nur noch die Rüge weiter, dass der genannte Geschäftswert um den Wert des aufgeführten Grundstücks zu hoch sei.

Das LG hat am 17.5.2004 die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II. Die weitere Beschwerde betreffend den Geschäftswert der Eröffnung der Verfügungen von Todes wegen ist zulässig (§ 31 Abs. 3 S. 1, § 14 Abs. 3 S. 2 KostO a.F.; § 163 KostO n.F.). Das LG hat dieses Rechtsmittel wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen.

In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das AG.

1. Das LG hat ausgeführt, das fragliche Hausgrundstück sei "zum Zeitpunkt der Verkündung durch den Rechtspfleger" noch nicht in das Eigentum der Beteiligten übergegangen gewesen. Daher gehöre es zum bei der Bildung des Geschäftswerts maßgeblichen Nachlass.

2. Dieser Ausgangspunkt ist rechtlich nicht zu beanstanden (§ 14 Abs. 3 S. 3 KostO a.F., § 546 ZPO).

Der Geschäftswert für eine Testamentseröffnung folgt dem reinen Nachlasswert nach Abzug der Verbindlichkeiten außer solchen aus Vermächtnissen, Pflichtteilsrechten oder Auflagen (§ 102, § 103 Abs. 1, § 46 Abs. 4 KostO). Zum Nachlass gehören alle Sachen, die im Eigentum des Erblassers standen. Ein Grundstück, dessen Auflassung vom Erblasser bereits erklärt war, dessen Eigentumsumschreibung im Grundbuch zur Zeit des Erbfalles jedoch noch nicht erfolgt war, steht zu diesem Zeitpunkt noch im Eigentum des Erblassers (§ 873 Abs. 1 BGB) und gehört damit zu dessen Nachlass.

Da die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte im Grundbuch, aus welchen Gründen auch immer, vor dem Tod der Erblasserin nicht erfolgt ist, gehörte das hier gegenständliche Grundstück zum Nachlass. Die von der Beteiligten zitierten und auch vom LG wiedergegebene Aussage des BGH (BGHZ 59, 210 [211]), eine Schenkung sei nicht erst mit Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch, sondern bereits mit der Auflassung vollzogen, steht dieser Annahme nicht entgegen. In dem dort entschiedenen Fall ging es nicht um den Zeitpunkt des Eigentumserwerbs auf der rechtlichen Grundlage einer Schenkung, sondern um die Voraussetzungen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs. Den Erwägungen des LG in Bezug auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit des Grundstücks zum Nachlass kommt daher keine tragende Rolle zu. Die offenbar abweichende steuerrechtliche Beurteilung schließlich hat keinen Einfluss auf die hier maßgebliche zivilrechtliche Betrachtungsweise.

Die Bewertung des Grundstücks nach der vereinfachten Sachwertmethode (§ 19 Abs. 2 KostO; hierzu zuletzt BayObLG, Beschl. v. 28.7.2004 - 3Z BR 122/04), deren Ergebnis den Akten nur mittelbar, nämlich aus dem Erinnerungsschreiben des Ehemannes der Beteiligten vom 14.11.2002, entnommen werden kann, ist im Grundsatz ebenfalls nicht zu beanstanden und wird von der Beteiligten auch nicht angegriffen.

3. Das LG hat jedoch nicht berücksichtigt, dass dem nach diesen Grundsätzen angenommen Aktivwert des Grundstücks eine gleich hohe Verbindlichkeit der Erblasserin gegenüberstand. Die Beteiligte hatte zunächst, legt man das vom LG festgestellte formwirksame Schenkungsversprechen zu notarieller Urkunde vom 17.11.1998 (die nicht bei den Akten ist) zugrunde, einen von keiner Gegenleistung abhängigen Übereignungsanspruch auf das hier gegenständliche Grundstück (§ 516 Abs. 1, § 518 Abs. 1 S. 1, § 313 a.F. B...

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