Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatznacherbenstellung
Leitsatz (redaktionell)
Zu der wirksamen Übertragung eines Nacherbenanwartschaftsrechtes.
Normenkette
BGB § 2113 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 10.01.1991; Aktenzeichen 4 T 2749/90) |
AG Traunstein (Aktenzeichen VI 449/57) |
Tenor
I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 10. Januar 1991 werden zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat der Beteiligten zu 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I.
Der am 28.7.1957 verstorbene Erblasser war verwitwet und hatte zwei den Erbfall erlebende Kinder, nämlich den Beteiligten zu 1, der Vater einer im Jahr 1928 geborenen nichtehelichen Tochter (weitere Beteiligte zu 1) ist, und einen weiteren, am 24.7.1989 kinderlos verstorbenen Sohn. Dieser wurde aufgrund Testaments von der Beteiligten zu 3 beerbt. Der verstorbene Sohn war ferner Vorerbe nach seiner vor verstorbenen Ehefrau; die Beteiligte zu 2 ist insoweit Nacherbin.
Der Erblasser hinterließ ein eigenhändig geschriebenes und unterzeichnetes Testament vom 14.1.1951 mit folgendem Wortlaut:
„…
Nach meinem Tode vermache ich:
- Haus und Geschäft mit Waren und Einrichtungen in … M … Straße sowie den Garten in der W … Straße sowie die Hälfte meines sonsti-Vermögens meinem Sohn … (Beteiligter zu 1).
- Haus und Geschäft mit Waren und Einrichtungen in der H … Straße, bzw. ein dafür, in der Zukunft umzutauschendes anderes Projekt, sowie die Hälfte meines anderen Vermögens meinem Sohn … (verstorbener Sohn).
Die Erbteile dürfen nur in gegenseitigem Einvernehmen der beiden Erbberechtigten weiter verkauft werden. Stirbt einer meiner Söhne, so fällt dessen Erbteil an seine natürlichen Nachkommen, oder falls solche nicht vorhanden, an den überbleibenden Bruder zurück.
…”
Auf Antrag des Beteiligten zu 1 erteilte das Nachlaßgericht am 19.11.1957 einen Erbschein, der die beiden Brüder als Erben je zur Hälfte mit Nacherbenvermerk und dem Vermerk, daß der jeweils andere Vorerbe Ersatznacherbe sei, auswies.
Mit notariellem Vertrag vom 16.4.1959 setzten die Brüder den Nachlaß hinsichtlich der Hausgrundstücke und des geldwerten Vermögens gemäß den Regelungen des Testaments auseinander; das Gartengrundstück teilten sie hälftig unter sich auf. Ferner vereinbarten sie in diesem Vertrag folgendes:
„III.
Es ist der Wunsch der Beteiligten (der beiden Brüder), daß jeder Bruder, soweit dies gesetzlich zulässig ist, trotz der angeordneten Nacherbenfolge unbeschränkter Eigentümer des ihm zugewiesenen Anteils wird.
Die beiden Brüder … und … verzichten deshalb bereits heute auf das ihnen vom Vater eingeräumte Ersatznacherbrecht bezüglich des dem anderen Bruder zugewiesenen Nachlaßteiles, soweit dies gesetzlich überhaupt zulässig ist. Sie verpflichten sich gegenseitig, soweit sie trotz dieser Vereinbarung nach dem Ableben des Vorerben als Ersatznacherben berufen sein würden, die Nacherbfolge auszuschlagen und alles zu tun, was erforderlich ist, daß die seinerzeitigen Erben des Vorerben den Nachlaßanteil ohne Beschränkung erhalten werden.
Die zugunsten der Abkömmlinge angeordnete Nacherbfolge wird durch diese Vereinbarung nicht berührt.”
Den im Vollzug dieser Auseinandersetzung erworbenen Grundbesitz aus dem Nachlaß seines Vaters hat der verstorbene Sohn zur Hälfte auf seine Ehefrau übertragen.
Das Nachlaßgericht hat nach dem Tod dieses Sohnes mit Beschluß vom 9.8.1989 den Erbschein vom 19.11.1957 eingezogen und ihn mit Beschluß vom 1.9.1989 für kraftlos erklärt. Der Beteiligte zu 1 beantragte am 9.11.1989 die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerbe ausweise, weil er aufgrund des Testaments vom 14.1.1951 Ersatznacherbe seines kinderlos verstorbenen Bruders sei. Diesem Antrag sind die Beteiligten zu 2 und 3 entgegengetreten. Sie bezweifelten die Echtheit des Testaments und kündigten Erbscheinsanträge mit abweichendem Inhalt an. Der Beteiligte zu 1 habe in der notariellen Vereinbarung vom 16.4.1959 auf seine Rechte aus der Ersatznacherbenstellung wirksam verzichtet. Eine Zustimmung seiner nichtehelichen Tochter sei nicht erforderlich gewesen.
Bereits am 20.1.1987 hatte der verstorbene Sohn die Einziehung des Erbscheins vom 19.11.1957 und die Erteilung eines Erbscheins beantragt, demzufolge die beiden Brüder Erben zur Hälfte aufgrund gesetzlicher Erbfolge seien. Auch er hatte vorgetragen, das Testament sei nicht vom Erblasser geschrieben worden. Dem war der Beteiligte zu 1 entgegengetreten. Nach Erholung des Gutachtens eines Schriftsachverständigen hatte das Nachlaßgericht diesen Antrag mit Beschluß vom 28.4.1987 zurückgewiesen. Dieser wurde nicht angefochten.
Aufgrund des späteren Vorbringens der Beteiligten zu 2 und 3 erholte das Nachlaßgericht ein weiteres Schriftgutachten und kündigte mit Beschluß vom 30.5.1990 die Erteilung eines Erbscheins an, der den Beteiligten zu 1 als Alleinerben ausweisen werde. Dieser sei hinsichtlich der einen Nachlaßhälfte Vorerbe, hinsichtlich der anderen ...