Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckungssache: Vollstreckung gegen Eigentümer wegen Verschluss eines Mauerdurchbruchs

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Vollstreckungsgläubiger wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 22. Juni 1988 aufgehoben.

II. Die sofortige Beschwerde des Vollstreckungsschuldners gegen den Beschluß des Amtsgerichts Dachau vom 29. Dezember 1987 wird zurückgewiesen.

III. Der Vollstreckungsschuldner hat die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.

IV. Der wert des Gegenstands der sofortigen Beschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf jeweils 3 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Vollstreckungsschuldner ist Eigentümer dreier Teileigentumseinheiten in einer größeren Wohnanlage; die Vollstreckungsgläubiger sind die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer. Der Vollstreckungsschuldner hatte die zwischen seinen Teileigentumseinheiten bestehenden tragenden Mauern jeweils mit einer Türöffnung durchbrochen, obwohl dies von der Gemeinschaftsordnung verboten wird.

Auf Antrag der Vollstreckungsgläubiger hat das Amtsgericht Dachau mit rechtskräftigem Beschluß vom 16.1.1986 den Vollstreckungsschuldner verurteilt, die Mauerdurchbrüche zwischen seinen Teileigentumseinheiten fachgerecht zu verschließen.

In der Folgezeit verschloß der Vollstreckungsschuldner zwar den einen Mauerdurchbruch, die Verschließung des anderen verweigerte er jedoch mit der Begründung, er habe die Teileigentumseinheiten verkauft; außerdem seien die drei Teileigentumseinheiten langfristig als wirtschaftliche Einheit verpachtet.

Unter Hinweis darauf, daß der Vollstreckungsschuldner im Teileigentumsgrundbuch noch als Eigentümer eingetragen ist, haben die Vollstreckungsgläubiger beim Amtsgericht beantragt, gegen den Vollstreckungsschuldner wegen Nichtverschließens des noch offenen Mauerdurchbruchs ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, festzusetzen.

Mit Beschluß vom 29.12.1987 hat das Amtsgericht gegen den Vollstreckungsschuldner ein Zwangsgeld von 1 500 DM, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Zwangshaft von sechs Tagen, festgesetzt.

Auf die sofortige Beschwerde des Vollstreckungsschuldners hat das Landgericht am 22.6.1988 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgelds abgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Vollstreckungsgläubiger. In der Beschwerdeinstanz hatte der Vollstreckungsschuldner vorgetragen, der Kaufvertrag mit dem bisherigen Käufer sei einvernehmlich aufgehoben worden; dafür sei ein inhaltsgleicher Kaufvertrag mit einer GmbH geschlossen worden, der aber auch noch nicht zur Eintragung eines neuen Eigentümers im Teileigentumsgrundbuch geführt habe.

II.

Zur Entscheidung über das Rechtsmittel ist das Bayerische Oberste Landesgericht zuständig, weil Ausgangsgericht gemäß § 888 Abs. 1 ZPO das Wohnungseigentumsgericht als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist (BayObLGZ 1983, 14/17). Das gemäß § 45 Abs. 3 WEG, §§ 793, 568 ZPO zulässige Rechtsmittel ist auch begründet; es führt zur Wiederherstellung des Zwangsgeldbeschlusses des Amtsgerichts.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Festsetzung eines Zwangsgelds gemäß § 888 ZPO setze voraus, daß die Vornahme einer Handlung ausschließlich vom willen des Schuldners abhänge. Diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben, weil die Räumlichkeiten vom Käufer seit Mitte 1986 für 10 Jahre verpachtet worden seien. Eine vorzeitige Beendigung des Pachtvertrags sei nur durch einen Aufhebungsvertrag, dessen Abschluß nicht ausschließlich vom willen des Vollstreckungsschuldners abhänge, oder durch außerordentliche Kündigung möglich. Es seien aber weder Gründe für eine außerordentliche Kündigung des Pachtvertrags noch eine Einflußmöglichkeit des Vollstreckungsschuldners darauf ersichtlich. Mit der Beseitigung des Mauerdurchbruchs sei weder die Pächterin noch die neue Käuferin einverstanden. Demnach stünden einer ernstlich gewollten Vornahme derzeit unüberwindliche Hindernisse entgegen. Ob das Hindernis vom Vollstreckungsschuldner herbeigeführt worden sei, sei unerheblich. Die Beweislast für die Möglichkeit des Vollstreckungsschuldners, die Handlung vorzunehmen, trügen die Vollstreckungsgläubiger.

2. Das Landgericht hat zu Unrecht den Zwangsgeldbeschluß des Amtsgerichts aufgehoben.

a) Die allgemeinen Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner liegen vor. Der rechtskräftige Beschluß des Amtsgerichts ist nach § 45 Abs. 3 WEG ein wirksamer Vollstreckungstitel. Er ist in vollstreckbarer Ausfertigung dem Vollstreckungsschuldner zugestellt worden.

b) Die vom Vollstreckungsschuldner zu erzwingende Handlung, die Verschließung eines Mauerdurchbruchs zwischen zwei Teileigentumseinheiten, ist an sich eine vertretbare Handlung, die nach § 887 ZPO zu vollstrecken wäre. Denn es handelt sich dabei um eine handwerkliche Tätigkeit, die von einem Dritten anstelle des Vollstreckungsschuldners vorgenommen werden kann, ohn...

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