Normenkette

§ 45 Abs. 3 WEG, § 887 ZPO, § 888 ZPO, § 892 ZPO

 

Kommentar

1. Die Vollstreckungsgläubiger hatten einen rechtskräftigen Titel gegen einen Teileigentümer mit der Verpflichtung, dass dieser einen zwischen zwei nebeneinanderliegenden Teileigentumseinheiten vorgenommenen Mauerdurchbruch durch eine tragende Wand wieder fachgerecht zu verschließen habe. Im Zwangsgeldvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO wandte der Vollstreckungsschuldner ein, dass er sein Eigentum verkauft habe, und Käufer wie auch Pächter nicht bereit seien, das Verschließen der Wand zu dulden. Das AG hatte dennoch ein Zwangsgeld antragsgemäß festgesetzt, das Landgericht den Antrag jedoch zurückgewiesen mit der Begründung, dass der ernstlich gewollten Vornahme dieser Arbeiten durch den Vollstreckungsschuldner derzeit unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden.

2. Das BayObLG hat insoweit zur Auslegung der §§ 887 und 888 ZPO die vollstreckungsrechtlich wichtige Entscheidung getroffen, dass die Zwangsgeldfestsetzung des AG rechtlich korrekt gewesen sei.

Zwar handele es sich grundsätzlich bei der Verschließung eines Mauerdurchbruchs zwischen zwei Teileigentumseinheiten um eine vertretbare Handlung, die nach § 887 ZPO zu vollstrecken wäre. Unbeachtlich sei dabei, dass der Vollstreckungsschuldner als Eigentümer und Besitzer das Betreten seiner Räume durch ausführende Handwerker dulden müsse; dazu könne er nämlich nach § 892 ZPO durch den Gerichtsvollzieher aufgrund des Leistungstitels gezwungen werden.

Habe der Eigentümer jedoch durch Verkauf oder Vermietung den unmittelbaren Besitz an seinen Räumlichkeiten verloren, sei eine Vollstreckung nach § 887 ZPO (vertretbare Handlung) nur dann möglich, wenn der Käufer oder Mieter sein Einverständnis mit der durchzuführenden Maßnahme erklärt habe oder wenn der Vollstreckungsgläubiger einen eigenen Duldungstitel gegen Käufer oder Mieter in Händen halte.

Lägen diese Voraussetzungen nicht vor, sei die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner nach § 888 Abs. 1 ZPO(unvertretbare Handlung) durchzuführen. Dabei sei für den Vollstreckungserfolg die Einschränkung in § 888 Abs. 1 ZPO ("wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt") mitzuberücksichtigen und auszulegen.

Nach richtiger Auslegung im Sinne der neuen h.R.M. scheide die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO nur dann aus, wenn eindeutig feststehe, dass der Dritte (hier: Käufer oder Mieter), der mitwirken oder zustimmen müsse, dazu nicht bereit sei; Voraussetzung für eine solche Feststellung sei, dass der Vollstreckungsschuldner alles in seiner Macht Stehende getan habe, um die Mitwirkung oder Zustimmung des Dritten zu erlangen, und dass er seine darauf gerichteten Bemühungen im Einzelnen dargelegt habe. Würde man zu sehr am Wortlaut des § 888 Abs. 1 ZPO haften, würde dies zu einer unerträglichen Lücke in der Vollstreckbarkeit von Handlungstiteln führen (gerade bei vollstreckbaren und durchzuführenden Handlungen gegen Immobillieneigentümer mit vermieteten Räumen). Die Grenze der Vollstreckbarkeit bleibe allerdings die Unmöglichkeit, die Mitwirkung oder Zustimmung des Dritten zu erlangen. Erst wenn es trotz entsprechender Bemühungen des Vollstreckungsschuldners ungewiss bleiben sollte, ob der Dritte mitzuwirken bereit sei, könne dies zulasten des Vollstreckungsgläubigers gehen. Die bloße Mitteilung eines Vollstreckungsschuldners (wie hier), er habe Käuferin und Pächterin zur Abgabe der Zustimmung aufgefordert und beide hätten eine Zustimmung abgelehnt, reiche nicht aus. Gegenüber beiden erscheine es nicht aussichtslos, die Zustimmung notfalls mit gerichtlicher Hilfe zu erzwingen; ein solches Vorgehen sei dem Vollstreckungsschuldner zumutbar und könne von ihm auch verlangt werden.

Da im vorliegenden Fall sämtliche rechtlichen Möglichkeiten seitens des Vollstreckungsschuldners nicht ausgeschöpft worden seien, war die Verhängung des Zwangsgeldes nach § 888 ZPO (Festsetzung durch das AG in Höhe von 1.500,- DM, ersatzweise für den Fall der Uneinbringlichkeit Zwangshaft von 6 Tagen) korrekt.

3. Der Vollstreckungsschuldner wurde auch verurteilt, die Kosten des Vollstreckungsverfahrens - auch der sofortigen Beschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde - zu tragen, wobei es offen bleiben könne, ob die Rechtsgrundlage hierfür in § 91 Abs. 1 ZPO oder in § 788 Abs. 1 ZPO gesehen werde. Als Geschäftswert wurden 3.000,- DM festgesetzt (Wert des zu vollstreckenden Anspruchs).

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 29.12.1988, BReg 2 Z 79/88, BayObLGZ 1988 Nr. 82 = NJW-RR 8/7989, 462)

zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren

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