Leitsatz (amtlich)
Die Feststellung, ob eine bauliche Veränderung für einen Wohnungseigentümer nachteilig ist, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Der Neubau einer Doppelgarage auf einer Sondernutzungsfläche kann bei entspr. großzügigem Grundstückszuschnitt im Einzelfall die Folgerung rechtfertigen, dass die Maßnahme nicht der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedarf.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 482 UR II 110/01 WEG) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 72/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I vom 14.10.2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und den Antragsgegnern zu 1) die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümerin in einer Wohnanlage. Diese befindet sich auf einem größeren Grundstück parkartigen Charakters und besteht aus einem Verbund von vier Wohnhäusern (sogenannter Viererriegel) und einem Verbund von drei Wohnhäusern (sogenannter Dreierriegel). Der Antragstellerin gehört das im Viererriegel befindliche Wohnhaus, welches dem Dreierriegel am nächsten liegt. Die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer des Dreierriegels, von dem bisher erst zwei Wohnhäuser errichtet sind.
§ 6 Abs. 1 der maßgeblichen Gemeinschaftsordnung (GO) lautet folgendermaßen: Der Wohnungseigentümer ist berechtigt, sein Haus, sein Sondereigentum sowie die seiner alleinigen Sondernutzung unterliegende Fläche, ferner das in seinem Haus sowie im Bereich dieser Sondernutzungsfläche befindliche gemeinschaftliche Eigentum … nach Belieben zu nutzen, wie dies ein Alleineigentümer i.S.d. Bürgerlichen Gesetzbuches tun könnte, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz oder dieser Teilungserklärung ergeben.
Unter § 7 GO (Instandhaltung, Instandsetzung und anderes) ist in Abs. 4 geregelt, dass der Wohnungseigentümer an der Außengestaltung des jeweiligen Gebäudes keine Änderungen vornehmen darf, soweit hierdurch die einheitliche Gestaltung des jeweiligen Gesamtgebäudes gestört würde. § 8 Abs. 1 GO berechtigt den Wohnungseigentümer zu baulichen Veränderungen innerhalb seines Hauses.
Nach der aus dem Jahr 1977 stammenden Teilungserklärung war vorgesehen, dass die Garagen innerhalb des Baukörpers der Wohnhäuser errichtet werden sollten. Dies wurde jedoch nur bei den Häusern des Viererriegels verwirklicht, nicht aber bei den beiden bislang errichteten Häusern des Dreierriegels. Versuche, für diese Häuser frei stehende Garagen zu errichten, lösten mehrere gerichtliche Streitigkeiten aus. In diesem Zusammenhang beschlossen die Wohnungseigentümer am 22.7.1993, dass die eigenen Angelegenheiten des Dreier- und des Viererriegels jeweils unabhängig voneinander geregelt werden können.
In der Eigentümerversammlung vom 22.7.1993 hatten zuvor die Wohnungseigentümer des Dreier- wie des Viererriegels gemeinsam die Errichtung von drei zusammengebauten Einzelgaragen unmittelbar an der Grenze zu einem Nachbargrundstück beschlossen. Dieses Vorhaben scheiterte daran, dass der Eigentümer des Nachbargrundstücks die erforderliche Zustimmung verweigerte, worauf das wegen Beschlussanfechtung geführte wohnungseigentumsrechtliche Verfahren erledigt erklärt wurde. Der Rechtsvorgänger der Antragstellerin hatte bei einem Augenscheinstermin am 9.7.1997 sinngemäß erklärt, er habe nichts dagegen, wenn die Rechtsvorgängerin der Antragsgegner zu 1) eine Garage an deren Haus bekäme.
In einer Versammlung der Wohnungseigentümer des Dreierriegels am 16.11.2000 wurde der Antrag der Antragsgegner zu 1) auf Errichtung einer Doppelgarage auf deren Sondernutzungsfläche gebilligt. Diese Garage ist mittlerweile dort, wo auch die Rechtsvorgängerin der Antragsgegner zu 1) bauen wollte, errichtet.
Die Antragstellerin hat, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, beim AG beantragt, die Antragsgegner zu 1) zu verpflichten, das ohne eine Zustimmung aller Wohnungseigentümer errichtete Garagenbauwerk zu beseitigen.
Das AG hat mit Beschluss vom 3.12.2001 diesen Antrag abgewiesen. Das LG hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin am 14.10.2002 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Das LG hat ausgeführt: Die Antragstellerin besitze gegen die Antragsgegner keinen Anspruch auf Beseitigung der Doppelgarage. Ob sie an eine Zustimmung ihrer Rechtsvorgängerin gebunden sei, könne dahinstehen, ebenso wie die Frage offen bleiben könne, ob durch die Gemeinschaftsordnung die gesetzliche Regelung des § 22 Abs. 1 WEG wirksam abbedungen sei. Denn selbst wenn man davon ausgehe, für bauliche Veränderungen sei grundsätzlich die Zustimmung aller Wohnungseigentümer, auch derer des Viererriegels, er...