Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Bistro (bis 19.00 Uhr) bei Zweckbestimmung "Laden"
Verfahrensgang
LG Landshut (Entscheidung vom 19.01.1993; Aktenzeichen 63 T 2370/92) |
AG Freising (Entscheidung vom 29.09.1992; Aktenzeichen 2 UR II 3/92) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 19. Januar 1993 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Eigentümer einer Wohnanlage, in der einzelne Einheiten gewerblich genutzt werden.
Das Teileigentum des Antragsgegners ist in der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung beschrieben als „Laden”.
Der Antragsgegner überließ die ihm gehörenden Räume an einen Mieter. Dieser führt darin seit August 1992 ein Bistro mit Sitzgelegenheit zum Verzehr von kleineren Speisen und von Getränken (auch Alkohol). Das täglich (auch an Sonn- und Feiertagen) bis 19.00 Uhr geöffnete Lokal ist mit Spielautomaten und einer Musikanlage ausgestattet. Die Antragsteller haben beantragt, dem Antragsgegner – bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann – zu verbieten, in seinem Teileigentum einen gastronomischen Betrieb zu führen oder führen zu lassen. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 29.9.1992 dem Antrag stattgegeben. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht mit Beschluß vom 19.1.1993 zurückgewiesen und dem Beschwerdeführer gemäß § 97 Abs. 1 ZPO „die Kosten des Beschwerdeverfahrens” auferlegt. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat entgegen § 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer nicht am Verfahren beteiligt; dies hätte durch die Einschaltung der Verwalterin als Zustellungsvertreterin geschehen können (BayObLGZ 1989, 342/344). Eine Aufhebung der Entscheidung und eine Zurückverweisung der Sache (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO) ist jedoch entbehrlich, weil die bisher nicht beteiligten Wohnungseigentümer im Rechtsbeschwerdeverfahren zu erkennen gegeben haben, daß sie das bisherige Verfahren genehmigen (BayObLG WE 1992, 203).
2. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Unterlassungsanspruch sei begründet. Die Bezeichnung „Laden” in der Teilungserklärung sei eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter. Das in den Räumen des Antragsgegners betriebene Tages-Bistro beeinträchtige mehr als ein Laden. Nach der Lebenserfahrung gingen von einem solchen Betrieb generell größere Geräuschbelästigungen als von einem Laden aus. Der Betrieb einer Gaststätte setze deshalb auch eine besondere Erlaubnis voraus, wobei Auflagen gegen schädliche Umwelteinwirkungen zulässig seien. Eine Beweiserhebung über die tatsächlichen Geräuschimmissionen sei hier entbehrlich gewesen, zumal das Amtsgericht einen Augenschein eingenommen habe und sich die Verhältnisse seither nicht grundlegend geändert hätten. Der Antragsgegner behaupte zwar, der Vertrieb von Alkohol stelle nur 40 % des Getränkeumsatzes dar; dies ändere aber nichts daran, daß der Alkoholkonsum auch im vorliegenden Fall die Gefahr größeren Lärms mit sich bringe. Hinzu komme, daß ein Laden meist nur von Laufkundschaft, ein gastronomischer Betrieb aber gezielt – und damit von motorisierten Kunden – aufgesucht werde. Im übrigen gingen die Störungen durch das „Tages-Cafe” schon deshalb über die Belästigungen durch ein Ladengeschäft hinaus, weil es abweichend von den normalen Ladenschlußzeiten auch am Wochenende und an Feiertagen von 8.00 bis 18.30 Uhr geöffnet habe.
3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Antragsteller haben gegen den Antragsgegner einen Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB.
a) Das Teileigentum des Antragsgegners ist in der Teilungserklärung als Laden bezeichnet. Zutreffend hat das Landgericht diese Bezeichnung als eine die Nutzung einschränkende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter (§ 15 Abs. 1, § 10 Abs. 2 WEG) angesehen (vgl. BayObLGZ 1980, 154/158 ff.; 1990, 15 f.; BayObLG WuM 1985, 237 f.; NJW-RR 1989, 719 f.; ZMR 1990, 230; KG ZMR 1992, 351 f.; OLG Düsseldorf ZMR 1993, 122 f.).
b) Mit der Zweckbestimmung als Laden ist der Betrieb eines Tages-Bistros oder eines ähnlichen gastronomischen Betriebes nicht vereinbar, da von dem Betrieb eines solchen Lokals intensivere Beeinträchtigungen für die übrigen Wohnungseigentümer ausgehen als von einem Laden (vgl. BayObLGZ 1980, 154/161; BayObLG WuM 1985, 237 f.; NJW-RR 1989, 719 f.; OLG Düsseldorf ZMR 1993, 122 f.).
(1) Nach § 1 Abs. 1 LadSchlG gehören Ladengeschäfte zu den Verkaufsstellen; das typische Geschäft für den Laden ist der Warenklein...