Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten
Leitsatz (amtlich)
Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 KostO kann nur dann angenommen werden, wenn dem Gericht ein offen zutage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen wäre.
Normenkette
KostO § 16 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Passau (Beschluss vom 15.12.1998; Aktenzeichen 2 T 229/98) |
AG Passau (Aktenzeichen 1 VI 72/97) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden gegen den Beschluß des Landgerichts Passau vom 15. Dezember 1998 werden zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
1. Die Beteiligte zu 1) ist die Ehefrau des ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung am 19.1.1997 verstorbenen Erblassers. Die Beteiligten zu 2) sind die aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder.
Die Eheleute hatten am 7.11.1991 einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen, in dem sie zunächst erklärten, den Güterstand der Zugewinngemeinschaft einvernehmlich „aufheben” zu wollen, und anschließend „den vertraglichen Güterstand der modifizierten Zugewinngemeinschaft” vereinbarten.
Das Amtsgericht (Rechtspfleger) erteilte am 14.2.1997 antragsgemäß einen Erbschein, in dem die Beteiligte zu 1) als Erbin zu 1/4 und die Beteiligten zu 2) als Erben zu je 3/8 ausgewiesen wurden.
Auf Antrag der Beteiligten wurde der Erbschein durch Beschluß des Amtsgerichts vom 18.7.1997 eingezogen und ein neuer Erbschein erteilt, nach dem die Beteiligte zu 1) als Erbin zu 1/2 und die Beteiligten zu 2) als Erben zu je 1/4 ausgewiesen werden.
2. Mit Kostenrechnung vom 9.6.1998 (Re.Nr. 836220033274) stellte die Kostenbeamtin des Amtsgerichts der Beteiligten zu 1) für die Erteilung zweier Erbscheine, ausgehend von einem – nicht bestrittenen – Geschäftswert von 6 340 000 DM, zwei Gebühren von je 9 620 DM sowie für die Beurkundung einer eidesstattlichen Versicherung eine Gebühr von weiteren 9 620 DM, zusammen somit 28 860 DM, in Rechnung.
Die Beteiligten haben gegen diese Kostenrechnung Erinnerungen eingelegt, da es nicht gerechtfertigt sei, zweimal die Gebühr für die Erteilung des Erbscheins in Rechnung zu stellen und im übrigen auch nicht die Gebühr für die Beurkundung einer eidesstattlichen Versicherung. Die Gebühr für die Erteilung des ersten Erbscheins und die Gebühr für die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung wären bei richtiger Sachbehandlung durch den Rechtspfleger, der den Begriff der modifizierten Zugewinngemeinschaft nicht richtig verstanden und eine Fehlinformation erteilt habe, nicht angefallen und seien somit wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 16 KostO niederzuschlagen.
Das Amtsgericht (Rechtspfleger) hat die Erinnerungen mit Beschluß vom 1.9.1998 zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen diesen Beschluß hat das Landgericht mit Beschluß vom 15.12.1998 zurückgewiesen; die weitere Beschwerde hat es zugelassen. Zwar sei die zur Erteilung des ersten Erbscheins führende Auslegung des Ehevertrages durch den Rechtspfleger – Ausschluß der erbrechtlichen Lösung des Zugewinnausgleichs (§ 1371 Abs.1 BGB) – im Endergebnis nicht richtig gewesen, sie sei jedoch im Hinblick auf die grundsätzliche Möglichkeit der entsprechenden Modifizierung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft nicht so unvertretbar gewesen, daß von einem eindeutigen Verstoß gegen gesetzliche Normen oder von einem offensichtlichen Versehen gesprochen werden könne. Die Voraussetzungen einer unrichtigen Sachbehandlung im Sinne des § 16 KostO seien daher noch nicht gegeben gewesen. Die eidesstattliche Versicherung hätte i.ü. durch die Beteiligten auch dann abgegeben werden müssen, wenn der Rechtspfleger von vorneherein eine richtige Rechtsauffassung vertreten hätte.
3. Mit ihren weiteren Beschwerden gegen die landgerichtliche Entscheidung verfolgen die Beteiligten ihr vorinstanzliches Verfahrensziel weiter. Da die modifizierte Zugewinngemeinschaft heute juristisches Gemeingut sei, sei die dem ersten Erbschein zugrunde liegende Rechtsauffassung des Rechtspflegers offensichtlich verkehrt gewesen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die zulässigen weiteren Beschwerden der Beteiligten (§ 14 Abs.3 Satz 2, Abs.4 KostO) sind sachlich nicht begründet. Das Landgericht hat die beantragte Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung zu Recht abgelehnt.
a) Nach § 16 Abs.1 Satz 1 KostO werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Damit müssen die Rechtsmittel der Beteiligten von vorneherein ohne Erfolg bleiben, soweit sie sich gegen den Gebührenansatz für die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung (§ 107 Abs.1 Satz 2, § 49 KostO) richten. Denn die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung wäre gemäß § 2354 Abs.1 Nr.3 und 4, § 2356 Abs.2 BGB auch bei richtiger Sachbehandlung durch den Rechtspfleger erforderlich gewesen und die Gebühr damit entstanden.
b) Eine Niederschlagung der gemäß § 107 Abs.1 Satz 1 KostO angefallenen Gebühr kommt nur hinsichtlich der Gebühr für die Erteilung des „ersten”, später wieder eingezogenen Erbscheins vo...