Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 19 Abs. 4 KostO als Voraussetzung des Landwirtschaftsprivileg sieht keine Obergrenze in der Größe der Betriebsfläche vor.

2. Die Privilegierung des § 19 Abs. 4 KostO ist davon abhängig ist, daß sämtliche in ihm aufgeführte Beispiele der Überlassung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes der Fortführung dieses Betriebes dienen.

 

Normenkette

KostO § 19 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 28.01.1997; Aktenzeichen 3 T 446/96)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 28. Januar 1997 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Der beteiligte Notar beurkundete am 19.12.1995 einen Übergabevertrag, mit dem der Beteiligte zu 1 an seine Tochter, die Beteiligte zu 2, ein Landgut im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übergab. Der Vertragsgrundbesitz war im Zeitpunkt der Beurkundung vollständig an die Mutter der Beteiligten zu 2 vermietet bzw. verpachtet. Diese Rechtsverhältnisse blieben bestehen und wurden von der Beteiligten zu 2 übernommen. Im Rahmen der vereinbarten Gegenleistungen behielt sich der Beteiligte zu 1 ab Besitzübergabe auf Lebensdauer ein unentgeltliches und uneingeschränktes Nutzungsrecht am gesamten Grundbesitz vor; zu seinen Gunsten wurde die Eintragung eines Nießbrauchs bewilligt und beantragt.

Seiner Kostenberechnung legte der Notar als Geschäftswert für die Beurkundungsgebühr gemäß § 19 Abs.4 KostO den vierfachen Einheitswert zugrunde.

2. Die Notarkasse hat diese Bewertung mit der Begründung beanstandet, daß ein wesentliches Kriterium für die Anwendung der Sonderbestimmung des § 19 Abs.4 KostO, nämlich die Fortführung des Betriebes durch den Übernehmer, nicht gegeben sei. Das Bayerische Oberste Landesgericht habe hierzu in seiner Entscheidung in MittBayNot 1994, 359 ausgeführt, daß dann wenn der übergebene landwirtschaftliche Betrieb zur Zeit des Abschlusses des Überlassungsvertrags verpachtet sei und diese Pachtverhältnisse unverändert weiter bestehen blieben, die Fortführung des Betriebes, welche weiterhin von dem Pächter erfolge, vom Überlassungsvertrag nicht berührt werde. Des weiteren habe sich hier der Übergeber den Nießbrauch am übergebenen Anwesen vorbehalten. Im übrigen könne nur etwas „fortgeführt” werden, was vorher von einem anderen „geführt” worden sei. Dies sei bei einem verpachteten Betrieb nicht der Verpächter (Beteiligter zu 1), sondern der Pächter (dessen Ehefrau), bei dem die Fortführung des Betriebs bei Fortdauer des Pachtverhältnisses auch verbleibe. Der Geschäftswert des Übergabevertrages sei somit gemäß § 19 Abs.2 KostO nach dem Verkehrswert des übergebenen Grundbesitzes zu bestimmen.

Der beteiligte Notar hielt demgegenüber die in der Kostenberechnung vorgenommene Bewertung weiterhin für zutreffend. Richtig sei zwar, daß der von § 19 Abs.4 KostO betroffene landwirtschaftliche Betrieb vom Erwerber fortgeführt, also von diesem selbst bewirtschaftet werden müsse; daraus folge jedoch nicht zwingend, daß die Fortführung in unmittelbarem Anschluß an die Übergabe zu erfolgen habe. Es müsse genügen, daß das Geschäft – wie bei der unstreitigen Privilegierung im Falle einer Überlassung durch letztwillige Verfügung – die Fortführung des Betriebes „betreffe”.

Der Präsident des Landgerichts hat den Notar gemäß § 156 Abs.5 KostO angewiesen, die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Dementsprechend hat der beteiligte Notar die Entscheidung des Landgerichts beantragt.

3. Das Landgericht hat sich der Rechtsauffassung des Notars angeschlossen und sinngemäß dessen Weisungsbeschwerde gegen die Kostenberechnung zur Beurkundung des Übergabevertrages zurückgewiesen, indem es anordnete, daß der Kostenberechnung gemäß § 19 Abs.4 KostO das Vierfache des letzten Einheitswerts zugrunde zu legen sei. Die weitere Beschwerde hat das Landgericht zugelassen.

4. Der Präsident des Landgerichts hat den beteiligten Notar angewiesen, gegen den Beschluß des Landgerichts weitere Beschwerde zu erheben. Ziel des Rechtsmittels sei die Ermittlung des Geschäftswerts für die Beurkundung des Übergabevertrags unter Versagung der Privilegierung des § 19 Abs.4 KostO. Dementsprechend hat der beteiligte Notar weitere Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Weisungsbeschwerde des beteiligten Notars ist gemäß § 156 Abs.2 und Abs.5 Satz 1 KostO zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Kostenberechnung des Notars zur Beurkundung des Übergabevertrages insoweit bestätigt, als er gemäß § 19 Abs.4 KostO das land- und forstwirtschaftliche Vermögen mit dem Vierfachen des letzten Einheitswerts bewertete.

a) Vorweg ist angesichts der Tatsache, daß ein Landgut übergeben wurde, festzustellen, daß § 19 Abs.4 KostO als Voraussetzung des Landwirtschaftsprivilegs keine Obergrenze in der Größe der Betriebsfläche vorsieht (BayObLGZ 1993, 40; OLG Oldenburg JurBüro 1994, 359).

b) Der Rechtsbeschwerde ist zuzugeben, daß die Privilegierung des § 19 Abs.4 KostO davon abhängig i...

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