Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Verwalterhaftung bei anfänglichen Baumängeln sowie Verwalterentlastung
Verfahrensgang
LG Würzburg (Entscheidung vom 09.02.1989; Aktenzeichen 3 T 1449/86) |
AG Würzburg (Entscheidung vom 04.06.1986; Aktenzeichen UR II 73/84) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 9. Februar 1989 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Antragsgegnerin verpflichtet ist,
- die Balkone der Wohnanlage so instandzusetzen, daß sie den Bestimmungen des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton, Ausgabe 1943, A § 14 Ziff. 3 (DIN 1045, Ausgabe November 1959) entsprechen,
- die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage, die in den Jahren 1965 und 1966 von der Antragsgegnerin als Bauträgerin errichtet wurde. Bis 31.12.1975 war die Antragsgegnerin Verwalterin. Seitdem ist der Antragsteller Verwalter. Der Antragsgegnerin wurde bei ihrem Ausscheiden als Verwalterin Entlastung erteilt.
Die Balkone der Wohnanlage weisen Mängel auf, die darin bestehen, daß die Bewehrungsstäbe entgegen der zur Zeit der Errichtung der Wohnanlage geltenden DIN 1045 nicht mit mindestens 1,5 cm Beton überdeckt sind. Dies wurde von einem Sachverständigen bei einer Begehung der Wohnanlage Ende 1983 festgestellt. Gewährleistungsansprüche wegen dieser Mängel gegen die Antragsgegnerin als Bauträgerin und Verkäuferin der Wohnungen sowie gegen die Bauhandwerker waren zu dieser Zeit längst verjährt.
Mehrere Wohnungseigentümer machten in den Jahren 1966 und 1967 bei Übernahme ihrer Wohnungen auf Schäden an den Balkonen aufmerksam. Mit Schreiben vom 19.8.1967 wies der Wohnungseigentümer H. die Antragsgegnerin darauf hin, daß „an einigen Stellen der Balkonbrüstung die Moniereisen zu sehen sind (Rostbildung)”. Die gleiche Mitteilung machte der Antragsgegnerin im Sommer 1967 auch der Wohnungseigentümer G. In einem weiteren Schreiben vom 29.12.1969 teilte der Wohnungseigentümer H. der Antragsgegnerin mit, die angegebenen Mängel seien bei der Abnahme nicht beachtet worden; bei ihm handle es sich um „erhebliche Mängel, da inzwischen ca. 5 – 6 cm große Flächen abgeplatzt sind”. Bei einer daraufhin von der Antragsgegnerin am 17.2.1970 durchgeführten Besichtigung wurde von dieser festgestellt, daß an der schmalen Oberseite der Balkonbrüstungen einige nicht abgeschnittene Monierungseisen 0,2 bis 2 mm mit entsprechender Rostbildung herausragen, und angeregt, diese so tief wie möglich abzuschneiden und die Öffnung zu verschließen.
Am 9.3.1984 erteilten die Wohnungseigentümer dem Antragsteller „das Mandat”, wegen der Sanierung der Balkone gegen die Antragsgegnerin „einen Musterprozeß zu führen”; sie verpflichteten sich, ihm alle entstehenden Kosten zu erstatten. Die Wohnungseigentümer sind der Meinung, die Antragsgegnerin habe es schuldhaft versäumt, sie vor Ablauf der Gewährleistungsfristen auf die Mängel hinzuweisen, damit ihre Behebung im Rahmen der Gewährleistung hätte herbeigeführt werden können; deshalb sei sie ihnen zum Schadensersatz verpflichtet.
Der Antragsteller hat beim Amtsgericht zunächst beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die „erforderlichen Sanierungsmaßnahmen” an den Balkonen durchzuführen; sodann hat er beantragt, sie wegen des Baumangels zum Schadensersatz zu verpflichten. Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 4.6.1986 die Antragsgegnerin verpflichtet, diejenigen Balkone der Wohnanlage, die nicht der DIN 1045 entsprechen, auf ihre Kosten zu sanieren. Das Landgericht hat als Antragsteller sämtliche Wohnungseigentümer und nicht nur den jetzigen Verwalter angesehen; es hat durch Beschluß vom 9.2.1989 die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Sanierung der Balkone festgestellt wurde. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin. Der Antragsteller verfolgt den Schadensersatzanspruch weiter.
II.
Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Gegen den Sachantrag des Antragstellers als Leistungsantrag bestünden wegen der mangelnden Bestimmtheit Bedenken. Der Antrag sei aber als Feststellungsantrag auszulegen. Dieser sei trotz eines möglichen Leistungsantrags zulässig, weil der Streit nur um den Grund und nicht auch um die Höhe des Anspruchs gehe und die Antragsgegnerin bei Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht zur Erfüllung dieser Pflicht fähig und bereit sei.
Nach den Feststellungen der Sachverständigen bestünden an den Balkonen Baumängel, weil es an einer ausreichenden Betonüberdeckung der Stahleinlagen fehle. Die Antragsgegnerin hätte als Verwalterin diesen Mangel erkennen ...