Entscheidungsstichwort (Thema)

Nacherbe und Ersatzerbe

 

Normenkette

BGB §§ 2069, 2096, 2108

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Aktenzeichen 5 T 1821/92)

AG Dillingen a.d. Donau (Aktenzeichen VI 151/71)

 

Tenor

I. Auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 wird der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 28. September 1992 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur anderweiten Behandlung und neuen Entscheidung an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die verwitwete Erblasserin verstarb 1971 im Alter von 82 Jahren. Aus ihrer Ehe mit dem am 12.7.1954 vorverstorbenen Ehemann sind sechs Kinder hervorgegangen, nämlich R… (verstorben am 26.9.1986), U… (verstorben am 14.8.1974), T… (verstorben am 18.3.1985), A… (seit 1944 vermißt, bisher aber nicht für tot erklärt), E… (Beteiligte zu 4) und F… (Beteiligter zu 5).

Die Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 sind Enkel der Erblasserin und die Kinder aus der Ehe der 1985 verstorbenen Tochter der Erblasserin T…, die – ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts München vom 5.6.1985 – von ihrem Ehemann aufgrund gemeinschaftlichen Testaments der Ehegatten allein beerbt wurde.

Die Erblasserin hinterließ ein notarielles Testament vom 18.1.1966, in welchem sie verfügt hatte:

„… Ich ernenne hiermit meinen Sohn R.zu meinem Vorerben. Als Nacherben setze ich meine anderen Kinder, nämlich Pater U…, E…, T… und F… zu gleichen Anteilen ein. Als Ersatznacherben sollen die übrigen Nacherben zu gleichen Anteilen sein. Die Nacherbfolge tritt mit dem Tode des Vorerben ein. Als Ersatzerbe für den Sohn R… ernenne ich meine Tochter E…. Diese ist aber die Alleinerbin. Eine Nacherbfolge nach E… soll nicht eintreten.

Der Vorerbe R… soll von allen Beschränkungen und Verpflichtungen eines Vorerben befreit sein. Der Erbe oder die Ersatzerbin hat aus meinem Barvermögen, Spareinlagen und Giroeinlagen bei der S… an den Sohn Pater U… einen Betrag von 1 000,– DM und den nach Abzug der Sterbefallskosten verbleibenden Rest an die Abkömmlinge der Tochter T… K. in München zur einen Hälfte nach gleichen Stammanteilen und zur anderen Hälfte an die Abkömmlinge des Sohnes F… nach gleichen Stammanteilen innerhalb sofort hinauszugeben. …”

Der Nachlaß besteht noch aus einem Grundstück.

Ein Erbschein ist bisher nicht erteilt worden. Im Jahre 1990 hatte der Ehemann und Alleinerbe der 1985 verstorbenen T… unter Berufung auf § 2108 Abs. 2 BGB einen Erbschein dahin beantragt, daß die Erblasserin von den noch lebenden Geschwistern des 1986 verstorbenen Vorerben R…, den Beteiligten zu 4 und 5, und von ihm zu je 1/3 beerbt worden sei. Sein Antrag ist vom Amtsgericht mit der Begründung zurückgewiesen worden, daß von der Erblasserin durch die Einsetzung von Ersatznacherben im Testament vom 18.1.1966 zugleich – und entgegen dem Grundsatz des § 2108 Abs. 2 BGB – die Vererblichkeit des Nacherbenrechts ausgeschlossen worden sei.

Die Beschwerde gegen diese Entscheidung blieb erfolglos (Beschluß des Landgerichts vom 6.8.1991). Zur Niederschrift des Amtsgerichts beantragten am 21.10.1991 die Beteiligten zu 1, 2 und 3 einen Teilerbschein dahin, daß die Erblasserin von ihnen zu je 1/9 beerbt worden sei. Sie berufen sich erneut auf den Grundsatz der Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft sowie auf § 2069 BGB und vertreten die Auffassung, daß die Erblasserin durch die Berufung von Ersatznacherben die Abkömmlinge eines vor dem Nacherbfall verstorbenen Nacherben nicht habe ausschließen wollen.

Diese Erbscheinsanträge wurden mit Beschluß des Amtsgerichts vom 5.3.1992, die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde mit Beschluß des Landgerichts vom 28.9.1992 zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 ihre Erbscheinsanträge weiter.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung des Verfahrens an dieses.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Vor dem Eintritt des Nacherbfalles durch den Tod des Vorerben R… am 26.9.1986 seien zwei der vier Kinder der Erblasserin, die diese als Nacherben eingesetzt hatte, vorverstorben, nämlich der im Jahr 1974 kinderlos verstorbene U… und die im Jahr 1985 verstorbene T…, die Mutter der Beteiligten zu 1 bis 3. Entsprechend der Ersatznacherbeneinsetzung im Testament vom 18.1.1966 seien die beiden verbliebenen Nacherben, die Beteiligten zu 4 und zu 5, an die Stelle der weggefallenen Nacherben getreten. Daran ändere weder die Regelung des § 2108 Abs. 2 Satz 1 BGB noch die Bestimmung des § 2069 BGB etwas. Jene Vorschrift sei von vornherein nicht geeignet, ein Erbrecht der Beteiligten zu 1 bis 3 zu begründen, da T… allein von ihrem Ehemann, nicht aber von ihren Kindern beerbt worden sei. § 2069 BGB greife nicht ein, obwohl seine tatbestandlichen Voraussetzungen an sich gegeben seien, da „kein Zweifel” i. S. der Vorschrift bestehe. Das Testament enthalte durch die Bestimmung der Ersatznacherben eine klare Regelung; diese sei eindeutig, so daß für die Anwendung des § 2069 BGB kei...

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