Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Beschlußanfechtung
Verfahrensgang
AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen UR II 43/89) |
LG München II (Aktenzeichen 8 T 1943/89) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 9. August 1990 bis auf die Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom 20. Oktober 1989 wird zurückgewiesen.
III. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die Gerichtskosten des Beschwerde und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Der jetzige Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller zu 1 und 2 richtete am 16.5.1989 ein Schreiben an die weitere Beteiligte, in dem es u. a. heißt:
Ihnen ist bekannt, daß ich Frau H. (= Antragstellerin zu 2) anwaltschaftlich vertrete. Meine Frau Mandantin führt darüber Klage, daß eine gewisse Frau S., welche Miteigentümerin der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage ist, ständig auf Kosten der übrigen Miteigentümer und damit auch auf Kosten meiner Mandantschaft Wäsche für Dritte wäscht… Ich fordere Sie auf, Ihrer Verpflichtung als Verwalter nachzukommen und Maßnahmen gegen das rechtswidrige Verhalten der Frau S. zu ergreifen …
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.6.1989 faßten die Wohnungseigentümer daraufhin folgenden Beschluß:
1. Die Eheleute H. (= Antragsteller zu 1 und 2) werden aufgefordert, die von ihren Anwälten… mit Schreiben vom 16.5.1989 gegenüber den Eheleuten S. vorgetragenen ehrenrührigen Behauptungen, die den Gemeinschaftsfrieden nachhaltig stören, zurückzunehmen oder den Wahrheitsbeweis hier für anzutreten.
2. Sollte diese Behauptung nicht zurückgenommen oder der Wahrheitsbeweis hierfür nicht innerhalb angemessener Frist angetreten werden, wird die Eigentümergemeinschaft gegenüber den Eheleuten H. gerichtlich vorgehen mit dem Ziel, diese Beschuldigungen gegenüber Miteigentümern künftig zu unterlassen und die vorgetragenen Beschuldigungen zurückzunehmen. Die Verwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, hierzu Prozeßvollmacht zu erteilen.
Die Antragsteller haben am 26.7.1989 beantragt, diesen Beschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 20.10.1989 dem Antrag stattgegeben. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 1 hat es den Antragsgegnern auferlegt. Im übrigen hat es von der Anordnung, außergerichtliche Kosten seien zu erstatten, abgesehen. Gegen diesen Beschluß haben die Antragsgegner fristgemäß insoweit sofortige Beschwerde eingelegt, als durch ihn der Eigentümerbeschluß hinsichtlich der Antragstellerin zu 2 für ungültig erklärt worden ist. Nach Fristablauf haben die Antragsgegner beantragt, den Beschluß des Amtsgerichts insgesamt aufzuheben und den Antrag insgesamt abzuweisen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 9.8.1990 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag beider Antragsteller abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der angefochtene Beschluß habe einen zulässigen Inhalt; er sei deshalb weder nichtig noch für ungültig zu erklären.
Die Antragsgegner hätten das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller vom 16.5.1989 als Störung des Gemeinschaftsfriedens angesehen. Wie bei Verstößen gegen die Hausordnung handle es sich auch bei Störungen des Gemeinschaftsfriedens um Angelegenheiten, über die die Wohnungseigentümer mehrheitlich befinden und bei denen sie den Verwalter ermächtigen könnten, die Störungen abzuwehren. Bei dem angefochtenen Beschluß gehe es nicht um einen Anspruch auf Unterlassung bestimmter Äußerungen, sondern „lediglich um einen Streit um die Willensbildung der Wohnungseigentümergemeinschaft als solche”. Ein solcher Beschlußinhalt sei nicht zu beanstanden.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführer ist der Beschluß des Amtsgerichts vom 20.10.1989 nicht in Teilrechtrechtskraft erwachsen. Die Antragsgegner haben zwar diesen Beschluß innerhalb der Notfrist von zwei Wochen gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 21, 22 FGG nur insoweit angefochten, als er die Antragstellerin zu 2 betrifft. Die in der mündlichen Verhandlung erklärte Erweiterung des Antrags, den Beschluß des Amtsgerichts insgesamt aufzuheben und den Antrag beider Antragsteller abzuweisen, war jedoch zulässig. Die spätere Erweiterung einer Anfechtung ist möglich, sofern in der anfänglichen Beschränkung des Rechtsmittels auf einen selbständigen Verfahrensgegenstand oder den abtrennbaren Teil eines solchen kein Rechtsmittelverzicht liegt. Insbesondere steht bei d...