Entscheidungsstichwort (Thema)
Löschung eines Zwangsversteigerungsvermerks
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 14.08.1996; Aktenzeichen 6 T 4919/96) |
AG Wolfratshausen |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 14. August 1996 dahin abgeändert, daß die Beschwerde der Beteiligten gegen die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks zurückgewiesen wird.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte ist seit dem 27.12.1995 im Grundbuch als Eigentümerin einer Wohnung eingetragen, die sie mit notariellem Vertrag vom 16.2.1993 gekauft hatte. Die der Eintragung zugrunde liegende Auflassung wurde von der Verkäuferin und einem auf Antrag des Finanzamts vom Amtsgericht bestellten Treuhänder erklärt, nachdem das Finanzamt den Eigentumsverschaffungsanspruch der Beteiligten wegen vollstreckbarer Steuerschulden gepfändet hatte.
Am 15.7.1996 trug der Rechtspfleger des Grundbuchamts auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts einen Zwangsversteigerungsvermerk bei dem Wohnungseigentum ein.
Die Beteiligte hat gegen die Eintragung Beschwerde eingelegt. Grundbuchrechtspfleger und Grundbuchrichter haben das Rechtsmittel als Erinnerung behandelt und dieser nicht abgeholfen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 14.8.1996 die Vorlageverfügung des Grundbuchamts aufgehoben und die Sache zur weiteren Behandlung an das Grundbuchamt zurückgegeben. Die Eintragung eines Zwangsversteigerungsvermerks könne nicht mit der Grundbuchbeschwerde angefochten werden; auch die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO sei nicht zulässig. Da somit gegen eine Entscheidung des Grundbuchrichters ein Rechtsmittel nicht gegeben wäre, habe dieser über die Erinnerung abschließend entscheiden müssen.
Die Beteiligte hat gegen den Beschluß des Landgerichts weitere Beschwerde eingelegt. Sie macht auch geltend, daß sie zu Unrecht, ohne Antrag und gegen ihren Willen, als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden sei; auch deshalb habe der Zwangsversteigerungsvermerk nicht eingetragen werden dürfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig und führt zu einer Abänderung der Entscheidung des Landgerichts; in der Sache hat sie keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hätte über das zulässige Rechtsmittel der Beteiligten sachlich entscheiden müssen, nachdem Grundbuchrechtspfleger und -richter ihm nicht abgeholfen hatten (§ 71 GBO; § 11 Abs. 2 Sätze 1, 2, 4 und 5 RPflG).
a) Für die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks ist nach § 12c Abs. 2 Nr. 3 GBO nicht der Rechtspfleger, sondern der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig; für Rechtsmittel gegen dessen Entscheidungen gilt nicht § 11 RPflG, sondern § 12c Abs. 4 GBO; sie sind mit der Erinnerung anfechtbar, über die der Grundbuchrichter entscheidet; erst gegen dessen Entscheidung findet die Beschwerde statt.
Hier hat aber nicht der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, sondern – wie sich auch aus der weiteren Sachbehandlung ergibt – der Rechtspfleger in dieser Funktion die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks verfügt und vorgenommen. Dies ist ohne Einfluß auf die Wirksamkeit seiner Handlungen (§ 8 Abs. 5 RPflG). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich auch in diesem Fall nach § 11 Abs. 2 RPflG und nicht nach den für die Geschäfte des Urkundsbeamten geltenden Vorschriften (BayObLGZ 1982, 29/30; KG Rpfleger 1972, 54; Demharter GBO 21. Aufl. Rn. 5, KEHE/Kuntze GBR 4. Aufl. Rn. 10, Meikel/Streck GBR 7. Aufl. Rn. 14, jeweils zu § 71). Der abweichenden Meinung (OLG Hamm Rpfleger 1989, 319; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 7. Aufl. Rn. 5, Dallmayer/Eickmann RPflG Rn. 36, Arnold/Herrmann RPflG 4. Aufl. Rn. 13, jeweils zu § 8 RPflG), daß in diesem Fall nicht die Durchgriffserinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RPflG gegeben sei, da diese besondere Ausgestaltung der Beschwerde nur mit der besonderen Stellung des Rechtspflegers (§ 9 RPflG) bei Entscheidungen in den Grenzen seiner funktionellen Zuständigkeit gerechtfertigt werden könne, folgt der Senat nicht; sie läßt sich auch nicht mit § 27 RPflG (so aber Dallmayer/Eickmann aaO) begründen. Entscheidend ist nicht, daß ein Rechtspfleger ein Geschäft wahrgenommen hat, für das der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig ist; maßgebend ist vielmehr, daß er dies, wenn auch zu Unrecht, in seiner Eigenschaft als Rechtspfleger getan hat. Dann liegt eine Rechtspflegerentscheidung vor, die deshalb auch hinsichtlich der Rechtsbehelfe als solche zu behandeln ist. Der Fall ist vergleichbar mit dem, daß ein funktionell unzuständiges Gericht (etwa das Landgericht anstelle des Amtsgerichts) entschieden hat. § 27 Abs. 2 RPflG bezieht sich auf Geschäfte, die ein Rechtspfleger in einer anderen Funktion, etwa als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle, wahrgenommen hat. Dieser Fall ist hier nicht gegeben.
Da die zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Rpfleger 1989, 319) nicht auf weitere Beschwerde hin ergangen ist, braucht der Senat die Sache nicht gemäß § 79 Abs. 2 GBO wegen Abweichung bei der Auslegung von § 11 Abs. 2...