Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Antragsteller ein berechtigtes Interesse nur an einzelnen in den Akten erörterten Angelegenheiten glaubhaft gemacht, kann er Einsicht oder Abschriften nur in dem entsprechenden Umfang verlangen. Insoweit hat das Gericht zu prüfen, ob dem Interesse an der Einsicht ein gleich oder höher zu bewertendes Interesse der Öffentlichkeit oder anderer Personen an der Geheimhaltung einzelner Aktenstücke gegenübersteht. Ist dies der Fall, so hat es abzuwägen, ob und in welchem Umfang die Interessen der Öffentlichkeit oder der betroffenen Personen trotz des bestehenden Interesses des Antragstellers eine Geheimhaltung notwendig erscheinen lassen
Normenkette
FGG § 34 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 01.08.1997; Aktenzeichen 16 T 11762/97) |
AG München (Aktenzeichen 96 VI 6915/90) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 1. August 1997 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten auch Abschriften der Schreiben des Nachlaßpflegers an das Nachlaßgericht vom 30. Juli 1990 nebst Anlagen (Blatt 62 bis 67 der Akten), vom 7. September 1990 nebst Anlagen (Blatt 201 a bis 207 der Akten), vom 12. September 1990 nebst Anlage (Blatt 243 bis 247 der Akten) und vom 17. August 1994 nebst Anlagen (Blatt 480 bis 483 der Akten) zur erteilen sind.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Erblasser ist ermordet und beraubt worden. Der Beteiligte ist wegen dieser Straftat rechtskräftig zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Er strebt die Wiederaufnahme des Strafverfahrens an.
Zur Vorbereitung seines Wiederaufnahmeantrags hat der Beteiligte beantragt, ihm Einsicht in die Nachlaßakten zu gewähren. Er beruft sich hierzu auf die Feststellungen des Strafurteils. Danach habe er angenommen, er sei Testamentserbe des Erblassers, und habe durch die Tat eine Enterbung verhindern wollen. Es sei jedoch offen geblieben, ob der Erblasser tatsächlich in diesem Sinn testiert habe, und ob andere Personen konkret ein Interesse an der Herbeiführung der Erbfolge hätten erkennen lassen. Das Strafurteil sei auch nicht auf ein gefälschtes Testament eingegangen, das der Zeuge im Nachlaß- verfahren vorgelegt habe. Wegen dieser Fälschung sei der Zeuge rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Ob er in irgendeiner Form an dem Mord, den er durch das Testament habe ausnutzen wollen, beteiligt gewesen sei, sei nicht geklärt. Im Gegenteil habe das Strafgericht den Zeugen für glaubwürdig erachtet. Da das Ringen um die Erbfolge als Tatmotiv im Zentrum jeder strafrechtlichen Würdigung gestanden habe, sei auch von Interesse, ob gegebenenfalls weitere unwirksame oder später widerrufene letztwillige Verfügungen des Erblassers einen Grund zu Spekulationen bei Erbinteressenten hätten geben können, bzw. ob solche Interessenten, insbesondere durch Erbscheinsanträge, nach dem Erbfall ihr Interesse und damit ein mögliches Tatmotiv hätten erkennen lassen. Auch aus der Auszahlung der aus dem Nachlaß ausgesetzten hohen Belohnung könnten sich Hinweise auf die Glaubwürdigkeit von Belastungszeugen ergeben. Da im Strafverfahren alle Indizien von Interesse seien, könne nur der die Wiederaufnahme vorbereitende Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers, der auch die übrigen Umstände kenne, die Beweisbedeutung einzelner Bestandteile der Nachlaßakten beurteilen. Daher müßten ihm die Nachlaßakten insgesamt zur Verfügung gestellt werden.
Der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts hat die Gewährung der Akteneinsicht abgelehnt. Der Antragsteller hat hiergegen Erinnerung eingelegt und in erster Linie beantragt, ihm Einsicht in die Akten durch Übersendung in die Kanzlei seines Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren, hilfsweise, ihm alle Anträge auf Erteilung eines Erbscheins und alle letztwilligen Verfügungen des Erblassers, auch soweit sie rechtsunwirksam sein sollten, in Fotokopie zu überlassen, nochmals hilfsweise, ihm Auskunft darüber zu erteilen, ob, durch wen und wann Erbscheinsanträge gestellt worden seien, sowie ob, wann und zugunsten welcher Personen der Erblasser letztwillig verfügt habe, auch soweit diese Verfügungen rechtsunwirksam seien, und aus welchem Grund die Verfügungen gegebenenfalls im Erbscheinsverfahren für unwirksam erachtet worden seien. Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen, der Nachlaßrichter hat das Rechtsmittel dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat mit Beschluß vom 1.8.1997 die Entscheidung des Nachlaßgerichts dahin abgeändert, daß dem Antragsteller eine Abschrift des gefälschten Testaments zu erteilen sei, und die Beschwerde im übrigen zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Antragstellers. Mit ihr strebt er weiterhin an, daß seinem Verfahrensbevollmächtigten umfassende Akteneinsicht durch Aktenübersendung oder Einsicht auf der Gesc...