Leitsatz (amtlich)
Auch bei einer Haftanstalt mit hohen Sicherheitsanforderungen hat der Strafgefangene zwar kein Anwesenheitsrecht bei der Kontrolle seines Haftraums, er hat jedoch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen gestellten Antrag auf seine Anwesenheit bei der Durchsuchung.
Normenkette
BayStVollzG Art. 91 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Regensburg (Entscheidung vom 24.08.2023; Aktenzeichen SR StVK 671/23) |
Tenor
- Die Rechtsbeschwerde der Justizvollzugsanstalt Straubing gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 24.08.2023 wird unter Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 500,00 € als unbegründet verworfen.
- Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Rechtsbeschwerdeverfahren.
Gründe
I.
Die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing hat mit Beschluss vom 24.08.2023 auf Antrag des Strafgefangenen vom 01.06.2023 hin festgestellt, dass die Durchsuchung seines Haftraumes vom 31.05.2023 ohne dessen Anwesenheit rechtswidrig gewesen sei und diesen in seinen Rechten verletzt habe.
Die Strafvollstreckungskammer ging von einem Feststellungsinteresse in Form konkreter Wiederholungsgefahr aus. Es fänden auch in Zukunft regelmäßig Haftraumkontrollen statt, bei denen sich die Frage der Anwesenheit des Antragstellers wieder stelle.
In der Sache führte die Strafvollstreckungskammer aus, dass der Antragsteller zwar kein Recht auf Anwesenheit bei der Kontrolle seines Haftraumes habe, allerdings habe er ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Anwesenheit gehabt, was in Art. 91 Abs. 1 BayStVollzG oder in Art. 6 Abs. 2 S. 2 BayStVollzG begründet sei. Die Justizvollzugsanstalt hätte im Einzelfall entscheiden müssen, ob dem Antragsteller die Anwesenheit zu gestatten gewesen wäre oder ob dies aus Gründen der Anstaltssicherheit zu unterbleiben hatte. Nachdem die Antragsgegnerin davon ausgegangen sei, dass der Antragsteller generell kein Anwesenheitsrecht habe, habe die Ermessensprüfung im Einzelfall nicht stattgefunden, so dass es zu einem Ermessensausfall gekommen sei.
Gegen den ihr am 29.08.2023 zugestellten Beschluss legte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 12.09.2023, eingegangen am 14.09.2023, Rechtsbeschwerde ein. Sie erhob die Sachrüge und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Deren Überprüfung sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.
In der Sache diene die Durchführung der Haftraumkontrollen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt mit dem Ziel, dass die Strafgefangenen keine Gegenstände besitzen, von denen eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt ausgeht, wie beispielsweise nicht verordnete Medikamente, Betäubungsmittel, angeschliffene Messer, waffenähnliche Gegenstände, USB-Sticks und Mobiltelefone. Die entsprechenden Kontrollen seien jederzeit zulässig und in einer Justizvollzugsanstalt wie der Antragsgegnerin mit einem hohen Sicherheitsgrad generell ohne den Strafgefangenen durchzuführen. Die Strafvollstreckungskammer überspanne die Anforderungen, indem sie eine Prüfung im Einzelfall über die Anwesenheit bei der Haftraumkontrolle verlange, bei der auch die Ergebnisse vorangegangener Durchsuchungen zu berücksichtigen seien. Zum einen dürften die Strafgefangenen generell keinen Einblick in die Methodik der Haftraumdurchsuchung in Anstalten einer hohen Sicherheitsstufe erhalten, da es ihnen bei der durch Anwesenheit bei den Kontrollen erlangten Kenntnis der Vorgehensweisen möglich wäre, verbotene Gegenstände noch besser zu verstecken. Zum anderen bestünde bei einer Abstufung nach der Auffälligkeit bei zurückliegenden Durchsuchungen die Gefahr, dass gefährlichere Strafgefangene, deren Hafträume stets in Abwesenheit durchsucht würden, Druck auf weniger überwachte Mitgefangene ausüben könnten, um Methoden der Durchsuchung zu offenbaren, welche sie bei der Anwesenheit bei Durchsuchungen erkennen konnten. Sodann macht die Antragsgegnerin geltend, dass der bei einer Haftraumkontrolle anwesende Strafgefangene die durchsuchenden Beamten stören oder ablenken könnte.
Die Generalstaatsanwaltschaft schließt sich der Argumentation der Rechtsbeschwerdeführerin an und beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung in deren Ziffern 1. und 2 und die Zurückverweisung an die Strafvollstreckungskammer.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller in seinen Schreiben vom 28.09.2023 und vom 17.10.2023. Die Rechtsbeschwerde sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die Strafvollstreckungskammer habe zu Recht einen Ermessensausfall festgestellt. Die Rechtsprechung, nach welcher stets das Ermessen auszuüben sei, zitiere selbst die Antragsgegnerin. Auch die Sicherheitsstufe der Anstalt rechtfertige nicht den Entfall dieser Ermessensprüfung. Auf die weiteren Ausführungen des Antragstellers wird Bezug genommen...