Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbringungssache
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde, wenn die vorläufige öffentlich-rechtliche Unterbringung des Betroffenen auf längstens sechs Wochen begrenzt und dieser Zeitraum vor Einlegung des Rechtsmittels bereits abgelaufen war.
2. Ist die vorläufige öffentlich-rechtliche Unterbringung des Betroffenen angeordnet, erledigt sich die Hauptsache nicht dadurch, daß der Betreuer den Betroffenen mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts seinerseits geschlossen unterbringt.
Normenkette
UnterbrG Art. 1; FGG §§ 27, 70h
Verfahrensgang
AG Günzburg (Aktenzeichen XIV 0280/00 L) |
LG Memmingen (Aktenzeichen 4 T 2465/00) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 2. Januar 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluß des Amtsgerichts Günzburg vom 26. November 2000 als unbegründet zurückgewiesen wird.
Gründe
I.
Mit Beschluß vom 26.11.2000 ordnete das Amtsgericht auf der Grundlage des Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung (UnterbrG) mit sofortiger Wirksamkeit die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus bis längstens 5.1.2001 an.
Hiergegen legte der Betroffene sofortige Beschwerde ein.
Das Landgericht hat das Rechtsmittel mit Beschluß vom 2.1.2001 als unzulässig verworfen, da der Betroffene nunmehr aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts vom 15.12.2000 im Rahmen des Betreuungsverfahrens untergebracht sei, sich dadurch die Hauptsache erledigt habe und nicht erkennbar sei, daß es dem Betroffenen auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringungsmaßnahme ankomme.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der er die Feststellung anstrebt, daß die Unterbringungsmaßnahme rechtswidrig gewesen sei.
II.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig.
Nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung und vor Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde hat sich die Hauptsache erledigt, da mit dem 5.1.2001 die Dauer der angeordneten vorläufigen Unterbringung ablief (vgl. KG FamRZ 1993, 84/85; OLG Karlsruhe BtPrax 1998, 34). Dagegen war Hauptsacheerledigung nicht, wie vom Landgericht angenommen, bereits dadurch eingetreten, daß der Betreuer den Betroffenen mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts seinerseits geschlossen untergebracht hatte. Diese Maßnahme ließ den Beschluß vom 26.11.2000 nicht gegenstandslos (vgl. BayObLGZ 1993, 82/83) werden. Vielmehr blieb der Betroffene aufgrund richterlicher Anordnung weiterhin auch öffentlich-rechtlich untergebracht. Zwar tritt die Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz regelmäßig hinter die zivilrechtliche Unterbringung gemäß § 1906 BGB zurück, da diese das mildere Mittel darstellt (BayObLG FamRZ 1990, 1154/1155; vgl. auch Saage/Göppinger Freiheitsentziehung und Unterbringung 3. Aufl. Abschnitt 4.4 Rn. 157 ff.). Sie hat jedoch, ungeachtet der ebenfalls gegebenen fürsorgerischen Elemente, in erster Linie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zum Ziel, während für die zivilrechtliche Unterbringung allein die Sorge um das persönliche Wohl des Betroffenen maßgebend ist (BayObLG aaO). Solange die Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz angeordnet ist, kann daher die Entscheidung darüber, ob der Betroffene in einer geschlossenen Einrichtung verbleibt oder nicht, nicht in der Hand des für die zivilrechtliche Unterbringung verantwortlichen Betreuers liegen (vgl. auch Senatsbeschluß vom 21.2.1994 Az. 3Z BR 22/94 S. 6). Auf die aus dem Unterbringungsgesetz abgeleitete eigenständige Bestimmung des Aufenthalts des Betroffenen durch das Gericht hat weder eine gleichgerichtete noch eine abweichende Bestimmung des Aufenthalts durch den Betreuer Einfluß.
Ungeachtet der Hauptsacheerledigung fehlt der sofortigen weiteren Beschwerde nicht das Rechtsschutzbedürfnis. In Fällen, in denen der durch die geschlossene Unterbringung bewirkte tiefgreifende Eingriff in das Grundrecht der Freiheit nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt ist, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Überprüfung in den nach der Rechtsordnung gegebenen Instanzen kaum erlangen kann, ist sein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der beanstandeten Maßnahme auch bei zwischenzeitlichem Wegfall der direkten Belastung schutzwürdig (Art. 19 Abs. 4 GG; vgl. BVerfG NJW 1998, 2432). Ein solcher Fall liegt hier vor, da der Zeitraum für die verfahrensgegenständliche geschlossene Unterbringung des Betroffenen auf längstens sechs Wochen begrenzt war (vgl. BVerfG aaO; BayObLGZ 1999, 24; 2000, 220/221; OLG Karlsruhe FGPrax 2000, 165/166; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 303).
2. Die sofortige weitere Beschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg, führt jedoch in Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückweisung der Erstbeschwerde des Betroffenen als unbegründet.
a) Die Verwerfung der Erstbeschwerde durch...