Leitsatz (amtlich)
Die Renovierungspflicht für Fenster und Fensterläden als Teil des Gemeinschaftseigentums richtet sich auch dann nach dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, wenn die Maßnahme nach der Gemeinschaftsordnung von einem einzelnen Wohnungseigentümer allein zu finanzieren ist.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 29.10.2003; Aktenzeichen 1 T 8048/03) |
AG München (Beschluss vom 09.04.2003; Aktenzeichen 484 UR II 65/05) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners werden der Beschluss des LG München I vom 29.10.2003 und der Beschluss des AG München vom 9.4.2003 aufgehoben.
II. Der Antrag des Antragstellers, den Eigentümerbeschluss vom 17.7.2001 zu Tagesordnungspunkt 8 (Neuanstrich oder Austausch von Fenstern und Fensterläden) für ungültig zu erklären, wird abgewiesen.
III. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten sämtlicher Rechtszüge zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert wird für sämtliche Rechtszüge auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind die beiden Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Diese besteht aus zwei freistehenden Einfamilienhäusern auf einem größeren Grundstück. Mit dem Sondereigentum des Antragstellers sind 36/100 Miteigentumsanteile und mit dem des Antragsgegners 64/100 Miteigentumsanteile verbunden. Das Stimmrecht bemisst sich nach der Größe der Miteigentumsanteile.
Nach § 4 der Gemeinschaftsordnung (GO) hat der Eigentümer des jeweiligen Sondereigentums das alleinige Nutzungsrecht an denjenigen Teilen, Anlagen und Einrichtungen der zu seinem Wohnungseigentum gehörenden Gebäude, die nicht Gegenstand des Sondereigentums sind. Er hat sie allein zu unterhalten und die damit verbundenen Kosten zu tragen. § 7 GO bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer verpflichtet ist, die seiner alleinigen Nutzung unterliegenden Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes und des Grundstücks ordnungsgemäß instand zu halten und instand zu setzen.
Der Antragsteller hat seine Wohnung vermietet. Der Antragsgegner war im Jahr 2001 Verwalter der Anlage.
Am 17.7.2001 fassten die Wohnungseigentümer zum Anstrich der Fenster und Fensterläden im von den Mietern des Antragstellers bewohnten Gebäude unter Tagesordnungspunkt (TOP) 8 gegen die Stimmen des Antragstellers und mit den Stimmen des Antragsgegners folgenden Beschluss:
(Der Antragsteller) wird verpflichtet, alle Fenster und Fensterläden nach entsprechender Vorbehandlung neu anstreichen zu lassen. Er hat vor Inangriffnahme dieser Arbeiten alle Fenster und Fensterläden daraufhin zu untersuchen, ob das Holz noch sanierungsfähig ist oder nicht. Gegebenenfalls hat er je nach Beanspruchung des Holzes Fenster und/oder Fensterläden auch auszutauschen.
(Der Antragsteller) ist verpflichtet, die zu diesem TOP beschlossenen Arbeiten bis spätestens 31.5.2002 fertig zu stellen.
Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das AG hat dem Antrag am 9.4.2003 stattgegeben, das LG die sofortige Beschwerde des Antragsgegners am 29.10.2003 zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des LG richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist erfolgreich.
1. Das LG hat, teils unter Bezugnahme auf den Beschluss des AG, ausgeführt:
Fenster und Fensterläden seien in einem witterungsbedingt angegriffenen Zustand. Sie müssten in einem Zeitraum von zehn Jahren erneuert werden, Anstreichen allein bringe nichts mehr. Für ein sofortiges Handeln bestehe jedoch keine Notwendigkeit, so dass es die Eigentümergemeinschaft auch nicht vom Antragsteller verlangen könne.
Aus § 4 und § 7 GO gehe hervor, dass eine weitgehende Verselbständigung der einzelnen Wohneinheiten mit jeweils selbständiger Entscheidungsbefugnis ihrer Eigentümer über Instandhaltung und Pflege habe geschaffen werden sollen. Es obliege deshalb allein dem Antragsteller zu entscheiden, ob er die Fenster nur anstreichen oder das Holz auf Schädlinge untersuchen lassen wolle. Ein Mitbestimmungsrecht sei nur dann zu bejahen, wenn die unterlassenen Arbeiten sich nachhaltig auf den Miteigentumsanteil des anderen Wohnungseigentümers auswirken. Ein Reparaturstau allein genüge dafür nicht. Ein Schädlingsbefall sei weder beim Augenschein noch vom Sachverständigen, der die Fenster begutachtet habe, festgestellt worden.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschlussanfechtung nach § 23 Abs. 4 WEG ist insoweit bereits im ersten Rechtszug entfallen, als die für die Fertigstellung der auferlegten Arbeiten gesetzte Frist schon vor der amtsgerichtlichen Entscheidung abgelaufen war. Das hat zur Folge, dass hinsichtlich der Fristsetzung bereits das AG den Antrag als unzulässig hätte abweisen müssen (vgl. Demharter, ZMR 1987, 201 [202]; Jennissen, NZM 2002, 594 [597]).
Auch ohne die Fristsetzung ordnet der Beschluss gem. seinem Inhalt jedoch nach Art einer Grundlagenentscheidung f...