Leitsatz (amtlich)

1. Erledigt sich die Hauptsache während des eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme betreffenden Beschwerdeverfahrens und beschränkt der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel auf die Kosten, kommt die Anordnung einer Auslageerstattung nach pflichtgemäßem Ermessen nur dann in Betracht, wenn sich die getroffene Maßnahme nach dem Stand des Verfahrens im Zeitpunkt seiner Erledigung als nicht gerechtfertigt erweist (vgl. BayObLG v. 22.1.2003 - 3Z BR 185/02, FamRZ 2003, 783).

2. Bei einer ernsthaften psychischen Erkrankung kann die Unterbringungsmaßnahme auch zum Schutz des Betroffenen gerechtfertigt sein, wenn dieser in einem seit langem eskalierenden Nachbarschaftskonflikt in der konkreten Gefahr steht, nach einer Provokation in eine körperliche Auseinandersetzung mit möglichen Bedrohungen für Gesundheit oder Leben zu geraten.

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Beschluss vom 12.11.2003; Aktenzeichen 41 T 107/03)

AG Kronach (Aktenzeichen XVII 118/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des LG Coburg v. 12.11.2003 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Auf Anregung der zuständigen Betreuungsstelle bestellte das VormG am 17.4.2003 der Betroffenen durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Betreuerin mit dem Aufgabenkreis "Aufenthaltsbestimmung einschließlich Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, Gesundheitsfürsorge". Die Dauer der einstweiligen Anordnung wurde bis 16.10.2003 befristet, ihre sofortige Wirksamkeit angeordnet. Eine hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das LG mit Beschluss vom 8.10.2003 zurückgewiesen. Am 21.11.2003 hat das VormG die Betreuerin endgültig mit dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge für nervenärztliche Behandlung" bestellt.

Mit Schreiben vom 7.8.2003 beantragte die damals noch vorläufige Betreuerin die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen. Unter Vorlage eines ärztlichen Attestes legte sie dar, dass bei der Betreuten eine schizophrene Psychose diagnostiziert worden sei. Die Betroffene sei krankheitsuneinsichtig, aber zur Verminderung ihres Leidens dringend behandlungsbedürftig. Sie sei zudem in heftige Auseinandersetzungen mit dem Nachbarn St. verwickelt, den sie für gesundheitliche Probleme (z.B. durch vermeintliche "Bestrahlung") verantwortlich mache. Dieser habe aufgrund dauernder Beschimpfungen durch die Betroffene ernst zu nehmende Drohungen gegen diese geäußert.

Nach persönlicher Anhörung der Betroffenen genehmigte das VormG am 13.8.2003 ihre vorläufige Unterbringung in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis längstens 23.9.2003. Die Betroffene wurde daraufhin in einem Bezirksklinikum untergebracht.

Gegen den Genehmigungsbeschluss legte sie sofortige Beschwerde ein. Nach Übertragung der Sache auf den Einzelrichter hörte dieser die Betroffene in Gegenwart u.a. ihres Bruders, des Beteiligten zu 1), am 5.9.2003 persönlich an.

Am 19.9.2003 hob das VormG seinen Beschluss vom 13.8.2003 auf, weil die Betroffene aus der geschlossenen Einrichtung entlassen worden war. Ihr Verfahrensbevollmächtigter beschränkte daraufhin die Beschwerde "auf die Entscheidung über die Kosten".

Mit Beschluss vom 12.11.2003 wies das LG das Rechtsmittel zurück.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde begehrt die Betroffene, ihre in allen drei Verfahrenszügen entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse, hilfsweise der Betreuerin, aufzuerlegen.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt.

Sie ist jedoch nicht begründet, weil das LG zu Recht keinen Anlass gesehen hat, eine Erstattung von Auslagen an die Betroffene anzuordnen.

1. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Da die Voraussetzungen für die vom AG ausgesprochene Genehmigung der vorläufigen Unterbringung durch die Betreuerin erfüllt gewesen seien, bestehe kein Rechtsgrund für eine Freistellung der Betroffenen von Verfahrenskosten.

Gerichtsgebühren in Unterbringungssachen würden gem. § 128b KostO ohnehin nicht erhoben. Deshalb sei lediglich über die Auslagen der Betroffenen zu entscheiden. Eine Erstattung von Auslagen gem. § 13a Abs. 2 S. 1 FGG scheide aber aus, wenn die Betreuungsmaßnahme nicht von Anfang an ungerechtfertigt gewesen sei, sondern wegen einer später eingetretenen Änderung aufgehoben worden sei. Dies treffe hier zu.

Der Aufgabenkreis der Betreuerin habe die freiheitsentziehende Unterbringung der Betroffenen umfasst. Das VormG habe zu Recht die Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung für eine Genehmigung nach § 1906 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB bejaht. Die Betroffene leide nach den gutachtlichen Feststellungen des als besonders sachkundig bekannten Landgerichtsarztes an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie und sei insofern krankheitsuneinsichtig, jedenfalls nicht zu einer freien Willensbestimmung fähig. Diese Erkenntnis habe die persönliche Anhörung der Betroffenen durch das Gericht bestätigt. Die geschlossene Unterbringung sei erforderlich gewesen, um eine dringend notwendige me...

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