Entscheidungsstichwort (Thema)
Personenstandssache
Leitsatz (amtlich)
Zur Bezeichnung der Geburtsorte im Familienbuch, wenn die Ehegatten in der ehemaligen Kasachischen Sozialistischen Sowjetrepublik (UdSSR), jetzt Republik Kasachstan, geboren wurden.
Normenkette
PStG §§ 15a, 12, 47; DA § 60
Verfahrensgang
LG Regensburg (Zwischenurteil vom 13.11.1998; Aktenzeichen 7 T 730/98) |
AG Regensburg (Zwischenurteil vom 22.09.1998; Aktenzeichen UR III 63/98) |
Tenor
I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 bis 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 13. November 1998 werden zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf DM 5 000 festgesetzt.
Gründe
I.
Die in der ehemaligen Kasachischen Sozialistischen Sowjetrepublik (UdSSR) geborenen Beteiligten zu 1 und 2 schlossen 1989 dort die Ehe und übersiedelten im Laufe des Jahres 1991 mit dem Beteiligten zu 3, ihrem dort geborenen Sohn, in die Bundesrepublik Deutschland. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind deutsche Staatsangehörige aufgrund Erklärung vom 25.6.1991 bzw. Einbürgerung vom 8.6.1994.
Der Standesbeamte hat in dem auf Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 vom 9.1.1992 angelegten Familienbuch für die Ehegatten die Geburtsorte Schortandy bzw. Nowokubanka, jeweils Gebiet Zelinograd, Kasachstan, eingetragen und als Geburtsort des Beteiligten zu 3 Schortandy, Gebiet Zelinograd, Kasachstan.
Die Beteiligten zu 1 bis 3 haben beantragt, das Familienbuch dahingehend zu berichtigen, daß bei ihren Geburtsorten anstelle der Zusätze „Gebiet Zelinograd, Kasachstan” jeweils „SU oder UdSSR” einzutragen sei. Zur Begründung tragen sie vor, sie seien in der ehemaligen UdSSR geboren und hätten mit dem heutigen Kasachstan nichts zu tun. Aufgrund der Eintragung im Familienbuch befürchten sie Vorurteile und Diskriminierungen.
Der Standesbeamte hat den Antrag abgelehnt. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 22.9.1998 den Berichtigungsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 13.11.1998 die Beschwerden der Beteiligten zu 1 bis 3 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 bis 3.
II.
1. Die als unbefristete weitere Beschwerden statthaften Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 bis 3 sind zulässig (§ 49 Abs. 1 Satz 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4 i. V. m. § 20 FGG).
Eine Verwirkung der Rechtsmittel ist nicht dadurch eingetreten, daß die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts den Beteiligten zu 1 bis 3 bereits am 21.11.1998 zugestellt, die weiteren Beschwerden jedoch erst am 19.1.2000 eingelegt wurden. In Personenstandssachen kommt eine Verwirkung wegen Verstreichenlassens eines längeren Zeitraums nach dem Erlaß der Entscheidung nur ganz ausnahmsweise in Betracht. Besondere Umstände, die im vorliegenden Fall das Zuwarten als unangemessen und die spätere Einlegung des Rechtsmittels als unzulässige Rechtsausübung erscheinen lassen (vgl. BayObLG NJW-RR 1989, 136/137; Johansson/Sachse Anweisungs- und Berichtigungsverfahren in Personenstandssachen Rn. 1417 m. w. Nachw.) liegen nicht vor.
2. Die weiteren Beschwerden sind unbegründet.
a) In das gemäß § 15a Abs. 1 Nr. 1 PStG auf Antrag anzulegende Familienbuch werden unter anderem in Spalte 1 der Geburtsort der Ehegatten (§ 15a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 12 Abs. 2 Nr. 1 PStG; § 230 Abs. 1 Nr. 3 DA) sowie in Spalte 9 der Geburtsort ihrer gemeinsamen Kinder eingetragen (§ 232a DA).
b) Ist wie hier die Eintragung in einem Personenstandsbuch abgeschlossen, so kann sie gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 PStG auf Anordnung des Gerichts berichtigt werden (vgl. BGH NJW 1988, 1469/1470; BayObLGZ 1997, 323/325 m. w. N.), sofern – wie hier für die Eintragung der Geburtsorte im Familienbuch – die Möglichkeit einer gerichtsfreien Berichtigung durch den Standesbeamten nach §§ 46a, 46b PStG nicht gegeben ist. Eine Berichtigung im Sinn von § 47 Abs. 1 Satz 1 PStG kann auch dann geboten sein, wenn sie Angaben enthält, deren Eintragung nicht vorgeschrieben und für deren Beurkundung keine rechtliche Grundlage vorhanden ist (vgl. Johansson/Sachse Rn. 284 ff.; Pagels StAZ 1997, 4/7). An den Nachweis der Unrichtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen (BayObLG StAZ 1993, 387/388; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. Vorb. § 71 Rn. 29).
Der erforderliche Berichtigungsantrag der antragsberechtigten Beteiligten zu 1 bis 3 (§ 47 Abs. 2 Satz 1 PStG) liegt vor.
3. Das Beschwerdegericht hat wie schon das Amtsgericht eine Unrichtigkeit im Sinn von § 47 Abs. 1 PStG verneint. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i. V. m. § 550 ZPO) stand.
aa) Die als Geburtsorte der Beteiligten zu 1 bis 3 in das Familienbuch eingetragenen Ortsnamen Schortandy bzw. Nowokubanka sind nicht unrichtig im Sinn von § 47 Abs. 1 PStG. Auch die Rechtsbeschwerdeführer wenden sich nicht gegen die Ortsbezeichnungen als solche, sondern nur dagegen, daß der Standesbeamte jeweils das Gebiet Zelinograd sowie den Staat Kasachstan hin...