Entscheidungsstichwort (Thema)

Recht der DDR

 

Leitsatz (redaktionell)

Auf Rückübertragungs- und Entschädigungsansprüche gemäß §§ 3 ff. Vermögensgesetz ist § 25 Abs. 2 RAG-DDR weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. Ein gegenständlich beschränkter Erbschein darf nicht erteilt werden, wenn außer derartigen Ansprüchen keine anderen Rechte an Immobilienvermögen in der früheren DDR vorhanden sind; ein gleichwohl erteilter gegenständlich beschränkter Erbschein ist einzuziehen.

 

Normenkette

RAG-DDR § 25 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 21.03.1994; Aktenzeichen 13 T 8522/93)

AG Nürnberg (Beschluss vom 30.08.1993; Aktenzeichen VI 3469/80)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 bis 4 werden die Beschlüsse des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21. März 1994 und des Amtsgerichts Nürnberg vom 30. August 1993 aufgehoben.

II. Das Amtsgericht Nürnberg wird angewiesen, den von ihm am 17. Mai 1994 verfügten und erteilten Erbschein einzuziehen.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser war zweimal verheiratet. Die Beteiligte zu 4 ist die Tochter aus der 1927 geschiedenen ersten Ehe. Die Beteiligte zu 1 ist eine Tochter aus der zweiten Ehe, die Beteiligten zu 2 und 3 sind die Kinder des vorverstorbenen Sohnes aus dieser Ehe. Der Erblasser hatte 1952 zusammen mit seiner zweiten Ehefrau und den Kindern aus dieser Ehe die DDR verlassen. Daraufhin wurden einige dort gelegene Grundstücke, die in seinem Eigentum standen, enteignet. Der Nachlaß bestand im wesentlichen aus Wertpapieren und Geldvermögen in Höhe von ca. 95.000 DM. Durch das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) sind nach dem Tod des Erblassers Rückübertragungs- bzw. Entschädigungsansprüche hinsichtlich des in der DDR enteigneten Grundbesitzes begründet worden.

In einem privatschriftlichen Testament vom 4.6.1971 hat der Erblasser seine zweite Ehefrau zu seiner „alleinigen Erbin als Vorerbin” eingesetzt und weiter bestimmt, daß nach dem Tode seiner Frau seine beiden Töchter, die Beteiligten zu 1 und 4, zu je 1/3 und seine Enkel, die Beteiligten zu 2 und 3, zu je 1/6 Nacherben sein sollten. Weitere Anordnungen in dem Testament, eine Testamentsvollstreckung und ein für die Beteiligte zu 4 angelegtes Konto betreffend, sind inzwischen gegenstandslos geworden.

Die zweite Ehefrau des Erblassers ist am 8.10.1989 verstorben. Nach Auffassung der Beteiligten zu 1 ist sie hinsichtlich des in der ehemaligen DDR befindlichen Grundvermögens Alleinerbin geworden, da das infolge Nachlaßspaltung anwendbare Erbrecht der DDR eine Vor- und Nacherbschaft nicht mehr gekannt habe. Die Beteiligte zu 1 hat daher am 9.7.1993 einen entsprechenden gegenständlich beschränkten Erbschein beantragt. Mit Vorbescheid vom 30.8.1993 hat das Nachlaßgericht einen Erbschein dieses Inhalts angekündigt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat das Landgericht am 21.3.1994 zurückgewiesen. Am 25.4.1994 hat die Beteiligte zu 2 einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt, der, da inzwischen der Nacherbfall eingetreten war, die Beteiligten zu 1 und 4 zu je 1/3, die Beteiligten zu 2 und 3 zu je 1/6 als Erben ausweisen sollte.

Das Nachlaßgericht hat zwei Erbscheine erteilt, und zwar

  • am 17.5.1994 der Beteiligten zu 1 in Anwendung des Zivilgesetzbuchs der DDR einen Erbschein, der auf das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden, die sich auf dem Gebiet der früheren DDR befinden, beschränkt ist und die zweite nachverstorbene Ehefrau des Erblassers als Alleinerbin ausweist,
  • am 19.5.1994 der Beteiligten zu 2 einen Erbschein ohne einschränkenden Vermerk, der die Beteiligten zu 1 und 4 zu je 1/3, die Beteiligten zu 2 und 3 zu je 1/6 als Erben ausweist.

Einen Antrag der Beteiligten zu 2 bis 4, den Erbschein vom 17.5.1994 einzuziehen und den Erbschein vom 19.5.1994 dahin zu ergänzen, daß er sich auf das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden, die sich im Gebiet der früheren DDR befinden, erstrecke, hat das Nachlaßgericht am 22.1.1996 unter Hinweis auf die Bindungswirkung des landgerichtlichen Beschlusses vom 21.3.1994 zurückgewiesen. Daraufhin haben die Beteiligten zu 2 bis 4 am 11.3.1996 weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts vom 21.3.1994 eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 bis 4 ist zulässig. Auch wenn nach der den Vorbescheid bestätigenden Entscheidung des Landgerichts vom 21.3.1994 der dort angekündigte Erbschein erteilt worden ist, ist gegen den landgerichtlichen Beschluß die weitere Beschwerde mit dem Ziel der (von den Beschwerdeführern angestrebten) Einziehung dieses Erbscheins gegeben (BayObLGZ 1982, 236/239 und 1996, 69/73). Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 2 bis 4 ergibt sich jedenfalls daraus, daß das Landgericht ein Erbrecht dieser Beteiligten hinsichtlich eines der Nachlaßspaltung unterliegenden Vermögensteils verneint hat und durch diese für das Nachlaßgericht bindende Auffassung die von den Beteiligten auch hinsichtlich dieses Vermögensteils in ...

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