Leitsatz (amtlich)
Machen die Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Unterlassung einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung eines Teileigentums geltend (hier: Betrieb eines Eiscafés in einem Laden), begründet dies grundsätzlich keine Schadensersatzpflicht, wenn die Gerichte den Anspruch wegen Verwirkung versagen.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 15 Abs. 1; BGB § 826
Verfahrensgang
LG Passau (Beschluss vom 09.05.2003; Aktenzeichen 2 T 187/02) |
AG Passau (Aktenzeichen 1 UR II 94/01) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Passau vom 9.5.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 27.609 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Teileigentümer einer durch Teilungserklärung von 1977 begründeten und 1979 fertiggestellten Anlage.
Die Antragstellerin hat 1985 ein in der Teilungserklärung als „Laden” bezeichnetes Teileigentum erworben, in dem seit Errichtung der Anlage ein Eiscafé betrieben und die vorgelagerte Gemeinschaftsfläche als Terrasse miteinbezogen wird.
Am 28.7.1995 beschlossen die Teileigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 4, die Nutzung des Teileigentums als Eisdiele und der vorgelagerten, als Terrasse ausgestalteten Gemeinschaftsfläche zu untersagen. Unter TOP 5 beschlossen sie, für die Nutzung der Terrassenfläche in Vergangenheit und Zukunft bis zur Beendigung der Nutzung eine Entschädigung geltend zu machen.
Die beiden Eigentümerbeschlüsse wurden am 19.8.1996 vom AG für ungültig erklärt. Das LG hob die Entscheidung des AG am 31.3.1998 insoweit auf, als Gegenstand die Nutzung der Terrasse ist. Der Senat änderte durch Beschluss vom 3.12.1998 (BayObLG, Beschl. v. 3.12.1998, NZM 1999, 278) die Entscheidung der Vorinstanzen dahin ab, dass der Eigentümerbeschluss zu TOP 4 im vollen Umfang und der zu TOP 5 insoweit für ungültig erklärt wurden, als eine Nutzungsentschädigung für die Vergangenheit verlangt werden sollte.
Das AG hat seine Entscheidung damit begründet, dass die den beiden Eigentümerbeschlüssen zu Grunde gelegten Ansprüche verwirkt seien. Das LG verneinte eine Verwirkung des Anspruchs auf Unterlassung einer unentgeltlichen Nutzung der Terrasse. Der Senat hielt einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Teileigentums einschließlich Terrasse für verwirkt und für den Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung für die Vergangenheit keine Rechtsgrundlage für gegeben.
Der Pächter des Teileigentums der Antragstellerin sah sich nicht in der Lage, die Eisdiele ohne die Terrasse zu betreiben. Daher vereinbarte die Antragstellerin nach dem Beschluss des LG vom 31.3.1998, der eine Terrassennutzung nicht zuließ, mit dem Pächter, dass dieser von 1998 keine Pacht zu bezahlen habe und der ihm durch die Schließung der Eisdiele entstehende Schaden ersetzt werde.
Die Antragstellerin hat beantragt, die Antragsgegner zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. zuletzt 27.609,70 Euro zu verpflichten. Das AG hat den Antrag am 9.9.2002 abgewiesen und das LG hat durch Beschluss vom 9.5.2003 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt: Die Wohnungseigentümer hafteten bei einem Verstoß gegen die sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis ggü. einem anderen Wohnungseigentümer ergebenden Schutz- und Treuepflichten auf Schadensersatz. Ein Schadensersatzanspruch wegen der beschlossenen Nutzungsuntersagung könne sich nicht gegen alle Wohnungseigentümer richten, sondern nur gegen diejenigen, die für die Nutzungsuntersagung gestimmt hätten. Ein solcher Anspruch sei nicht Gegenstand des Verfahrens, wäre aber zu verneinen, weil es an einer schuldhaften Pflichtverletzung fehle und insbesondere ein sittenwidriges Verhalten nicht vorliege. Der Eigentümerbeschluss über die Nutzungsuntersagung sei zwar für ungültig erklärt, nicht aber als nichtig festgestellt worden. Gegen ein sittenwidriges Verhalten spreche schon, dass das Bestehen eines Anspruchs auf Unterlassung der Terrassennutzung in den gerichtlichen Instanzen unterschiedlich beurteilt worden sei. Die Aufforderungen im Jahr 1996, die durch den Eigentümerbeschluss untersagte Nutzung der Terrasse zu unterlassen, seien nicht zu beanstanden, weil der Eigentümerbeschluss trotz Anfechtung zunächst wirksam geworden sei. Diese Aufforderungen seien im Übrigen nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden, weil die Nutzung trotz der Aufforderungen fortgesetzt worden sei. Ursächlich für die Schließung des Eiscafés und den dadurch ausgelösten Schaden sei nach dem Sachvortrag der Antragstellerin die Entscheidung des LG vom 31.3.1998 gewesen, durch die eine Terrassennutzung untersagt worden sei.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Ohne Rechtsfehler hat das LG ein zum Schadensersatz verpflichtendes...