Leitsatz (amtlich)

1. Die Tochter eines Betreuten hat kein Beschwerderecht, wenn das Vormundschaftsgericht ihren Antrag ablehnt, den Betreuer zu entlassen und einer, anderen zu bestellen.

2. Wird eine Beschwerde eines Beteiligten (hier: Tochter des Betreuten) als unzulässig verworfen, werden Rechte eines anderen Beteiligten (hier: des Betreuten) nicht berührt. Letzterer ist deshalb nicht beschwerdeberechtigt.

 

Normenkette

BGB § 1908b; FGG § 20 Abs. 1, §§ 69g, 69i

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 17.07.1995; Aktenzeichen 13 T 12861/95)

AG München (Aktenzeichen 403 XVII 3359/93)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 17. Juli 1995 wird verworfen.

II. Die weitere Beschwerde der Tochter des Betroffenen gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 17. Juli 1995 wird zurückgewiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Als Betreuer des Betroffenen ist für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung einschließlich Vertretung in Heim- und Wohnungsangelegenheiten sowie Sorge für die Gesundheit die Tochter des Betroffenen und für den Aufgabenkreis Vermögenssorge Rechtsanwalt G. bestellt. Die gegen die Bestellung des Rechtsanwalts G. gerichtete weitere Beschwerde der Tochter des Betroffenen hat der Senat mit Beschluß vom 22.12.1994 (3Z BR 293/94) als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 30.1.1995 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Tochter, Rechtsanwalt G. als Betreuer zu entlassen und an dessen Stelle diese oder eine andere Person zu bestellen. Das Amtsgericht hat diesen Antrag mit Beschluß vom 19.5.1995 zurückgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen eingelegte Beschwerde der Tochter mit Beschluß vom 17.7.1995 verworfen, weil es an der Beschwerdeberechtigung fehle. Dagegen richten sich die durch den Verfahrensbevollmächtigten namens des Betroffenen und dessen Tochter eingelegten weiteren Beschwerden.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Beschwerde des Betroffenen ist wegen fehlender Beschwerdeberechtigung (§ 29 Abs. 4 i.V.m. § 20 Abs. 1 FGG) unzulässig.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß ausschließlich über die Beschwerde der Tochter des Betroffenen entschieden. Es hat (nur) deren Beschwerde als unzulässig verworfen. Rechte des Betroffenen selbst werden dadurch nicht berührt (Jansen FGG 2. Aufl. § 27 Rn. 8).

Unerheblich ist, ob der Verfahrensbevollmächtigte Vollmacht hatte, den Betroffenen schon in den Vorinstanzen zu vertreten, worauf mit der weiteren Beschwerde hingewiesen ist. Das könnte allenfalls dann von Bedeutung sein, wenn der Verfahrensbevollmächtigte von dieser Vollmacht Gebrauch gemacht und für den Betroffenen Beschwerde schon gegen den Beschluß des Amtsgerichts eingelegt hätte. Das ist indessen nicht geschehen.

2. Das Rechtsmittel der Tochter ist zulässig. Sie ist insbesondere beschwerdeberechtigt, weil ihre Erstbeschwerde vom Landgericht verworfen worden ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BayObLGZ 1993, 253/255).

Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Landgericht die Erstbeschwerde zu Recht mangels Beschwerdeberechtigung als unzulässig verworfen hat.

Die Erstbeschwerde richtete sich dagegen, daß es das Amtsgericht abgelehnt hatte, Rechtsanwalt G. als Vermögensbetreuer zu entlassen und an dessen Stelle die Tochter oder einen Dritten zu bestellen. Gegen diese Entscheidung steht der Tochter ein Beschwerderecht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Eine Beschwerdebefugnis läßt sich nicht aus § 69g Abs. 1 FGG oder aus § 69i FGG herleiten. Es liegt keiner der Fälle vor, in denen nach diesen Bestimmungen Verwandten in gerader Linie ein Beschwerderecht eingeräumt ist. Die angefochtene Entscheidung betrifft insbesondere weder die Bestellung des Betreuers (§ 69g Abs. 1 FGG) noch die Aufhebung der Betreuung (§ 69i Abs. 3 FGG). Gegenstand der angefochtenen Entscheidung war vielmehr die Frage einer Änderung der Auswahl des Betreuers, also die Frage, ob der bestellte Betreuer entlassen und für ihn ein anderer bestellt werden soll. Eine solche Änderung der Auswahl des Betreuers ist weder mit der Bestellung eines Betreuers noch mit der Aufhebung der Betreuung gleichzusetzen. Soweit dem Senatsbeschluß vom 21.10.1993 (BayObLGZ 1993, 350/351 f.) etwas anderes zu entnehmen sein sollte, wird daran nicht festgehalten.

Eine Beschwerdeberechtigung der Tochter des Betreuten läßt sich auch nicht durch § 57 FGG begründen. Diese Norm ist im Betreuungsverfahren nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar (BayObLGZ 1993, 234/235; 1993, 350/351; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 69g Rn. 8). Die Beschwerdebefugnis aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG wäre zudem nicht zur Wahrnehmung von Eigeninteressen verliehen (OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 483).

Auch aus § 20 Abs. 1 FGG folgt keine Beschwerdeberechtigung der Tochter. Durch die Ablehnung, die Auswahl des Betreuers zu ändern, also Rechtsanwalt G. als Betreuer zu entlassen und sie selbst oder einen anderen zu bestellen, wer...

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