Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen

 

Verfahrensgang

AG Dillingen a.d. Donau (Aktenzeichen UR II 18 und 26/85)

LG Augsburg (Aktenzeichen 7 T 4472/87)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 20. Juli 1988 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß in Nr. I des Beschlusses hinsichtlich der Wohnungseigentümerin M. nach dem Wort „Glaswand” die Wörter „und die Markise” eingefügt werden.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind in diesem Rechtszug nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 9.305,77 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 1 und 2 sind die Wohnungseigentümer, der Antragsgegner zu 2 zugleich der Verwalter einer Wohnanlage. Der Antragsteller ist der Meinung, der Verwalter habe nicht für eine ausreichende Überprüfung und Wartung des Flachdaches gesorgt, ihm erteilte Vollmachten und an ihn gerichtete Schreiben nicht angenommen und sei deshalb zu entlassen. Der Verwalter sei ihm auch über mehrere Punkte zur Auskunft verpflichtet und habe ihm den durch die in Anspruch genommene anwaltschaftliche Hilfe entstandenen Schaden in Höhe von 305,77 DM zu ersetzen. Der Antragsteller beanstandet ferner die an verschiedenen Balkonen angebrachten Glaswände und Markisen, die Aufstellung einer Wäschespinne im Hofraum und von Blumenkästen in einem Treppenhausfenster sowie die Haltung eines Hundes durch ein Wohnungseigentümerehepaar.

Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 10.10.1987 die Antragsgegner zur Entfernung der Glaswände an den Balkonen verpflichtet und die übrigen Anträge abgewiesen. Gegen diesen Beschluß haben sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat aus dem umfangreichen Vorbringen des Antragstellers zwanzig teilweise sich überschneidende Anträge ermittelt und nach Durchführung eines Augenscheins durch den beauftragten Richter mit Beschluß vom 20.8.1988 die Entscheidung des Amtsgerichts dahin abgeändert, daß der Antragsgegner zu 2 und die im einzelnen genannten Wohnungseigentümer zur Beseitigung der an ihren Balkonen angebrachten Glaswände, Markisen und Sonnenrollos verpflichtet wurden; im übrigen wurden die sofortigen weiteren Beschwerden zurückgewiesen. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde erstrebt der Antragsteller, daß seinen gesamten Anträgen stattgegeben werde; er hat hilfsweise beantragt, die Sache zur weiteren Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückzuweisen. Die Antragsgegner haben sich – mit Ausnahme einer Wohnungseigentümerin, die jedoch keinen bestimmten Antrag gestellt hat – im Rechtsbeschwerde verfahren nicht mehr geäußert.

II.

A. Das zulässige Rechtsmittel hat nur hinsichtlich der Entscheidung über die Entfernung der Balkonverglasungen und Markisen in dem beanstandeten Umfang Erfolg.

1. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, diese Maßnahmen seien bauliche Veränderungen und würden den ästhetischen Gesamteindruck der Fassade beeinträchtigen. Der Antragsteiler könne daher die Beseitigung von den betreffenden Wohnungseigentümern und dem Verwalter gemäß § 1004 Abs. 1 BGB, § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG verlangen, da eine Zustimmung aller Wohnungseigentümer zu diesen Maßnahmen nicht vorliege und diese Voraussetzung auch nicht auf andere Weise erfüllt sei.

2. Dies muß im Ergebnis von den Antragsgegnern hingenommen werden. Es ist lediglich über die Beseitigung der Glaswände und Markisen, nicht aber über eine fortdauernde Unterlassung entschieden.

a) Die einstimmige Billigung dieser Maßnahmen durch die Wohnungseigentümer wurde bisher nicht herbeigeführt. Eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinn von § 22 Abs. 1 WEG kann gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG grundsätzlich nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen, sondern nur mit den Stimmen aller betroffenen Wohnungseigentümer vereinbart werden. Die Bestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ist indes nicht zwingend, sondern abdingbar; wird eine bauliche Veränderung mit Stimmenmehrheit, also nicht mit den Stimmen aller Wohnungseigentümer, beschlossen und wird der Eigentümerbeschluß nicht nach § 23 Abs. 4 WEG rechtzeitig angefochten und für ungültig erklärt, so ist der Beschluß rechtlich verbindlich. Die auf seiner Grundlage vorgenommene bauliche Veränderung ist von allen Wohnungseigentümern hinzunehmen (vgl. BGHZ 54, 65/69; BGH NJW 1981, 282; BayObLGZ 1981, 21/26; BayObLG NJW-RR 1988, 591; OLG Frankfurt OLGZ 1979, 144/145; Palandt/Bassenge BGB 48. Aufl. § 22 WEG Anm. 1 a und § 23 Anm. 4 b cc; Demharter MDR 1988, 265/266 f. Fn. 34). Das gleiche gilt für einen Eigentümerbeschluß, mit dem eine bauliche Veränderung nachträglich genehmigt wird (BayObLG, Beschluß vom 25.6.1987 – BReg. 2 Z 68/86; insoweit in BayObLGZ 1987, 219 ff. nicht abgedruckt).

Der Eigentümerbeschluß vom 14.7.1986 zu Punkt 5 der Tagesordnu...

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