Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Berechnung der Klagefrist nach Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG, wenn innerhalb ihrer Laufzeit Primärrechtsschutzbehelfe erhoben werden.
2. Zur Passivlegitimation einer Gemeinde im Rechtsstreit um die Feststellung der Pflicht zur Enteignungsentschädigung, wenn sie Träger der örtlichen Wasserversorgung ist und die Kreisverwaltungsbehörde im Gemeindegebiet eine Wasserschutzgebiets Verordnung erlassen hat.
Normenkette
ZPO § 538 Abs. 1 Nr. 2, § 540; BayWG Art. 87 Abs. 2 S. 2; WHG § 19 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Aktenzeichen 1 O 659/86) |
OLG Bamberg (Aktenzeichen 4 U 226/87) |
Tenor
I. Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 6. Juni 1988 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
Die Kläger zu 1 und 2 betreiben seit 1963 in Unterfranken auf ihrem Grundstück Flst. 393 eine Gärtnerei. Ihr Sohn, der Kläger zu 3, erwarb 1979 das angrenzende Grundstück Flst. 395 und im Jahr 1982 die Grundstücke Flst. 464, 465 und 487, um den Gartenbaubetrieb auf dem gesamten Gelände gemeinsam mit den Eltern fortzuführen.
Das Landratsamt erließ am 8.3.1983 eine am 15.3.1983 bekanntgemachte und am 16.3.1983 in Kraft getretene Rechtsverordnung über ein Wasserschutzgebiet für die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde. Die Grundstücke Flst. 464, 465 und 487 sowie eine Teilfläche von etwa 100 qm des Grundstücks Flst. 393 liegen in der engeren Schutzzone, in der es verboten ist, einen Gartenbaubetrieb zu errichten. Die Restfläche des Grundstücks Flst. 393 und das Grundstück Flst. 395 liegen in der weiteren Schutzzone. Dort ist es verboten, bestimmte chemische Schädlings-, Unkrautbekämpfungs- und Wachstumsmittel zu verwenden. Die Kläger beantragten am 5.4.1983 eine Ausnahmegenehmigung. Mit Bescheid vom 10.8.1983 erteilte das Landratsamt eine widerrufliche wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung von einigen der letztgenannten Verbote für die in der weiteren Schutzzone liegenden Grundstücke Flst. 393 und 395 sowie für die in der engeren Schutzzone befindliche Teilfläche von etwa 100 qm des Grundstücks Flst. 393. Eine Ausnahmegenehmigung für die gartenbauliche Nutzung der in der engeren Schutzzone liegenden Grundstücke Flst. 464, 465 und 487 wurde versagt.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger am 19.8.1983 Widerspruch und nach dessen Ablehnung Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 10.8.1983, die durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8.7.1989 abgewiesen wurde.
Am 22.8.1983 leiteten die Kläger ein Normenkontrollverfahren mit dem Ziel ein, die Wasserschutzgebietsverordnung vom 8.3.1983 für ungültig zu erklären. Dieser Antrag wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 6.5.1986 abgelehnt.
Am 13.1.1987 erhoben die Kläger gegen den Freistaat Bayern und am 6.5.1987 gegen die Beklagte Klage mit folgendem Antrag:
Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern als Eigentümer der Grundstücke Flur-Nr. 393, 395, 464, 465 und 487 wegen der vom Beklagten zu 1 (Freistaat Bayern) erlassenen Rechtsverordnung vom 8.3.1983 über ein Wasserschutzgebiet für die öffentliche Wasserversorgung und der sich hieraus gegenüber den Klägern ergebenden Eigentums- und Gewerbebetriebsbeeinträchtigungen, ein angemessenes Entschädigungsentgelt zu zahlen.
Das Landgericht hat, dem Antrag der jetzigen Beklagten und des ursprünglich mitverklagten Freistaates Bayern entsprechend, die Klage mit Endurteil vom 27.10.1987 abgewiesen; sie sei schon deswegen unzulässig, weil sie entgegen Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG nicht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Jahres erhoben worden sei, in dem die Tatsachen festgestellt werden konnten, die für eine Entschädigung maßgebend sind. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht durch Urteil vom 6.6.1988 die Entscheidung des Landgerichts abgeändert, soweit die auf Feststellung einer Entschädigungspflicht gegen die Beklagte gerichtete Klage abgewiesen worden war, und hat in diesem Umfang die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Es war der Auffassung, daß die Klagefrist nach Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG erst nach rechtskräftigem Abschluß des von den Klägern eingeleiteten Primärrechtsschutzverfahrens zu laufen beginne und im Hinblick darauf die gegen die Beklagte am 6.5.1987 erhobene Klage rechtzeitig erhoben sei. Auf die Revision der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 20.11.1989 (BayObLGZ 1989, 430) diese Entscheidung aufgehoben und die Klage wieder in vollem Umfang abgewiesen.
Auf die Verfassungsbeschwerde der Kläger hat das Bundesverfassungsgericht dieses Urteil mit Beschluß vom 9.8.1999 aufgehoben und die Sache an das Bayerische Oberste Landesgericht zurückverwiesen. Die Beklagte hat beantragt, das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts abzuändern und die Berufung der Kläger insgesamt zurückzuweisen. Die Kläger haben die Zurückweisung der Revision beantragt. Die Parteien haben sich mi...