Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Grundstück durch Verordnung in ein Wasserschutzgebiet einbezogen, beginnt die Frist für die Klage auf Entschädigung erst zu laufen, wenn mit dem Inkrafttreten der Verordnung die Verbote und Beschränkungen, die einen Entschädigungsanspruch begründen können, wirksam geworden sind.
2. Zum Ausgleichsanspruch des Eigentümers, dessen Grundstück durch die Einbeziehung in ein Wasserschutzgebiet in seiner baulichen Nutzbarkeit beschränkt wird.
Normenkette
BayWG Art. 87 Abs. 2, Art. 74; WHG § 19 Abs. 3; GG Art. 14
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 10.06.1999; Aktenzeichen 1 U 1504/98) |
LG Augsburg (Urteil vom 29.10.1997; Aktenzeichen 6 O 5533/93) |
Tenor
I. Die Revision der Beklagten gegen das Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 10. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der beklagten Stadt Augsburg Entschädigung wegen der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines 29,013 qm großen, mit einem Verwaltungsgebäude und mehreren Hallen bebauten Grundstücks, das sie verpachtet hat; es wird zur Lagerhaltung genutzt. Das Grundstück liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils; im Flächennutzungsplan der Beklagten vom Mai 1988 sind das Grundstück sowie seine nördliche und südliche Umgebung als Gewerbegebiet dargestellt. Das Grundstück war in den Bereich der weiteren Schutzzone A 2 der Wasserschutzgebietsverordnung vom 13.12.1979 einbezogen. An deren Stelle erließ die Regierung von Schwaben am 24.10.1991 eine neue Wasserschutzgebietsverordnung (im folgenden: Verordnung). Dadurch wurde das Grundstück der Klägerin in die weitere Schutzzone A 1 einbezogen. In dieser ist es gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung verboten, sonstige bauliche Anlagen zu errichten oder zu erweitern, ausgenommen Vorhaben, die nach dem jeweils gültigen Bebauungsplan zulässig sind, für die die zuständige Kreisverwaltungsbehörde im Einzelfall das Einvernehmen erteilt hat und bei denen das Abwasser in die öffentliche Sammelkläranlage eingeleitet wird … (Nr. 5.2); verboten sind ferner Bauwerksgründungen, ausgenommen solche ohne Aufdeckung des Grundwassers (Nr. 5.3). Nach § 4 der Verordnung sind unter bestimmten Voraussetzungen widerrufliche Ausnahmen und Befreiungen von den Verboten des § 3 möglich.
Die Verordnung wurde am 6.12.1991 im Amtsblatt der Regierung von Schwaben bekanntgemacht und trat gemäß § 9 Abs. 1 am 1.1.1992 in Kraft. Ein zu Anfang des Jahres 1994 gestellter Normenkontrollantrag der Klägerin wurde durch Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13.6.1996 abgelehnt; die Beschwerde gegen die Nichtvorlage der Rechtssache wurde durch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.9.1996 zurückgewiesen.
Mit der am 27.12.1993 beim Landgericht eingereichten Klage hat die Klägerin beantragt festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr für die Einschränkung der baulichen Nutzbarkeit ihres Grundstücks infolge der Verordnung vom 24.10.1991 eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen. Sie vertritt die Ansicht, durch die Einbeziehung ihres Grundstücks in die Wasserschutzzone A 1 sei ein bisher bestehendes Baurecht entzogen worden. Dadurch habe das Grundstück eine Wertminderung von mindestens 5 Millionen DM erfahren. Die Beklagte hält die Klage für unzulässig, weil sie nicht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Jahres erhoben worden sei, in dem die Verordnung bekanntgemacht wurde und damit die für eine Entschädigung maßgebenden Tatsachen hätten festgestellt werden können. Außerdem seien die Voraussetzungen einer Entschädigungspflicht nicht gegeben.
Das Landgericht hat am 29.10.1997 die Klage als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht dieses Urteil am 10.6.1999 aufgehoben und der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, der die Klägerin entgegentritt.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Klägerin habe es nicht versäumt, ihren Anspruch innerhalb der Klagefrist des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BayWG gerichtlich geltend zu machen. Die erforderliche Kenntnis der Vermögensbeeinträchtigung sei zwar bereits nach Bekanntmachung der Verordnung am 6.12.1991 möglich gewesen, weil der Umfang des Eingriffs aus der Verordnung selbst entnommen werden könne. Vor dem Inkrafttreten der Verordnung habe jedoch das Rechtsverhältnis, aus dem die Klägerin ihren Anspruch herleite, nicht bestanden und wäre deshalb eine Feststellungsklage unzulässig gewesen. Denn die Klägerin verfolge keine Ansprüche aus einer Vorwirkung der Verordnung, sondern ausschließlich aus Eigentumsbeeinträchtigungen, die durch das Inkrafttreten der Verordnung entstanden seien.
Ein Vergleich der Wasserschutzverordnung von 1979 mit der von 1991 ergebe, daß nach der neuen Verordnung bestimmte Bauvorhaben deutlich strengeren Einschränkungen unterlägen. Die in § 4 ...