Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftserteilung. Leibgedinge

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Leibgedingsvertrag i.S.v. Art. 7 ff. AGBGB setzt eine örtliche Bindung des Berechtigten an den übertragenen Grundbesitz voraus.

 

Normenkette

AGBGB Art. 7

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 21.04.1993; Aktenzeichen 15 U 4778/92)

LG München I (Aktenzeichen 4 O 17949/88)

 

Tenor

I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 21. April 1993 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin erstrebt die Rückabwicklung eines zwischen ihr und der Beklagten, ihrer Enkelin, geschlossenen Grundstücksüberlassungsvertrages, von dem sie mit der Behauptung zurückgetreten ist, die Beklagte habe die ihr obliegende Leistung nicht erbracht. Um ihre Ansprüche beziffern zu können, verlangt sie im Weg der Stufenklage zunächst Auskunft über einen Verkaufserlös sowie über Ausgaben und Aufwendungen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Erwerb und dem Besitz der ihr überlassenen Grundstücke.

Im Jahr 1983 zog die am 1904 geborene verwitwete Klägerin zu der Beklagten. Mit notariell beurkundetem „Überlassungsvertrag” vom 18.7.1984 überließ die Klägerin (im Vertrag als „Veräußerer” bezeichnet) ihr aus Wohnhaus, Nebengebäude, Hofraum und Garten bestehendes und als „Vertragsobjekt” bezeichnetes Anwesen (Fl.Nrn. 1, 5 und 4) mit einer Gesamtfläche von 0,3799 ha der im Vertrag als „Erwerber” bezeichneten Beklagten zu Alleineigentum. Der Verkehrswert des Grundbesitzes wurde mit ca. 630.000 DM angegeben. Hinsichtlich der von der Beklagten zu erbringenden „Gegenleistungen” ist unter Nr. IV des Vertrages folgendes vereinbart:

§ 1

Wohnung

Der Erwerber verpflichtet sich, dem Veräußerer auf Lebzeiten eine 2-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Der Erwerber ist insbesondere auch verpflichtet, sämtliche Neben- und Betriebskosten für diese Wohnung zu zahlen.

Solange er kein geeignetes Objekt dieser Art hat, hat er dafür zu sorgen, daß der Veräußerer eine entsprechende Mietwohnung auf Kosten des Erwerbers erhält. Soweit der Veräußerer keine eigenen Möbel hat, hat der Erwerber die Wohnung des Veräußerers zu möblieren.

Sobald er eine solche Wohnung entweder als Wohnungseigentum oder im eigenen Hause besitzt, ist dem Veräußerer daran ein Wohnungsrecht mit den gesetzlichen Bestimmungen zu begründen.

§ 2

Persönliche Sachleistungen

Verköstigung:

Der Erwerber hat den Veräußerer auf dessen Verlangen am gemeinsamen Tisch zu verköstigen, gegebenenfalls mit einer den jeweiligen Alters- und Gesundheitsverhältnissen angepaßten Kost. Auf Verlangen hat er die Kost in die Wohnung des Veräußerers zu bringen.

Die Kosten für die notwendigen Nahrungsmittel trägt der Erwerber.

Kleidung:

Der Erwerber ist verpflichtet, dem Veräußerer auch die für sein Alter angemessene Kleidung auf eigene Kosten zu stellen; …

Wart und Pflege:

Im Alter und bei Krankheit hat der Erwerber den Veräußerer sorgfältig zu pflegen, in dessen Haushalt anfallende Arbeiten zu verrichten, Besorgungen und Gänge – z.B. zum Arzt, zur Bank oder zum Einkaufen – zu übernehmen, die Räume des Veräußerers zu reinigen und in gut bewohnbarem Zustand zu erhalten, Kleidung, Wäsche und Schuhe zu reinigen und auszubessern, wenn der Veräußerer dazu nicht mehr in der Lage ist oder es verlangt.

Der Veräußerer kann auch verlangen, daß der Erwerber ihn zum Arzt transportiert.

Anspruch auf Stellung einer Pflegeperson hat der Veräußerer nicht.

Arzt-, Medikamente- und Krankenhauskosten:

Der Erwerber ist verpflichtet, Arzt-, Medikamente- und Krankenhauskosten zu tragen, soweit diese nicht durch Versicherungen gedeckt sind und dazu die Leistungsfähigkeit des Erwerbers oder nach dessen Tod die seiner Rechtsnachfolger ausreicht.

Krankengeldversicherung:

§ 5

Leibgeding

Der Erwerber beabsichtigt, das Vertragsobjekt zu veräußern. Deshalb sollen, womit der Veräußerer einverstanden ist, am Vertragsobjekt keine Sicherheiten für die vom Erwerber zu erbringenden Leistungen bestellt werden. Sobald der Erwerber aber als Ersatz für das Vertragsobjekt oder sonst Grundbesitz erworben hat, sind für den Veräußerer an diesem Grundbesitz, soweit darin die Wohnung für den Veräußerer nach § 1 untergebracht werden kann oder ist, ein Wohnungsrecht und für die Leistungen nach § 2 eine Reallast zu bestellen und im Grundbuch möglichst als Leibgeding einzutragen. Für die übrigen Leistungen werden vom Veräußerer keine Sicherheiten verlangt.

Die Beklagte wurde am 22.8.1984 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Am 24.5.1985 wurde die Klägerin von der Beklagten und deren Ehemann im Hinblick auf eine Urlaubsreise in einem Altenheim untergebracht. Nach Ablauf des vorgesehenen Zeitraums verblieb die Klägerin im Heim, weil sie nicht mehr zu ihrer Enkelin zurück wollte. Im Jahr 1987 kam sie in das Altenheim A, wo sie bis heute lebt.

Mit Schreiben ihres nunmehrigen Prozeßbevollmächtigten vom 30.6.1986 an die Beklagte erklärte die Klägerin die Anfechtung des Vertrages vom 18.7.19...

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