Leitsatz (amtlich)
›Veranschlagte Reparaturkosten eines Kotflügels von 1400.- DM stellen keinen bedeutenden Wert dar.‹
Tatbestand
Der Angeklagte fuhr von einer Gaststätte im Zentrum I. mit dem Fahrrad nach Hause, obwohl er wegen einer BAK von 2, 15 %o absolut fahruntüchtig war. In der S.-Straße näherte er sich mit langsamer Geschwindigkeit in Schlangenlinien einem Pkw, dessen Fahrer gerade im Begriff war, auf der anderen - vom Angeklagten aus gesehen linken - Fahrbahnseite nach rückwärts mit Gehgeschwindigkeit in eine Parklücke einzuschwenken. Wegen seiner Trunkenheit kam der Angeklagte von seiner Fahrbahnseite ab, geriet nach links und stieß in langsamer Fahrweise mit dem vorderen Reifen seines Fahrrads gegen den linken vorderen Kotflügel des Pkw, dessen Fahrer sofort anhielt. An der Anstoßstelle des Pkw entstanden einige Kratzer. Der Eigentümer hat seinen Pkw unrepariert in Albanien verkauft. Nach dem Kostenvoranschlag einer Lackiererei hätte die Reparatur des Kotflügels rund 1400 DM kosten sollen.
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 3.2.1997 wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Auf die Berufung des Angeklagten hob das Landgericht am 12.5.1997 das Urteil des Amtsgerichts auf und verurteilte den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
1. Mit der Sachrüge beanstandet die Beschwerdeführerin zu Unrecht, daß das Landgericht den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 StGB) statt wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 1 StGB) verurteilt hat.
Das Landgericht hat zu Recht die konkrete Gefahr eines bedeutenden Schadens verneint. Maßgebend ist dabei nicht der bedeutende Wert des Pkw, gegen den der Angeklagte mit seinem Fahrrad gestoßen ist, vielmehr kommt es darauf an, ob diesem Fahrzeug bei dem betreffenden Verkehrsvorgang ein bedeutender Schaden gedroht hat (BayObLG NStZ 1983, 263/264 bei Janiszewsky; OLG Frankfurt StV 1985, 111; Tröndle StGB 48.Aufl. § 315 Rn. 16; Schönke/Schröder/Cramer StGB 25.Aufl. vor §§ 306 ff. Rn. 16; SK-StGB/Horn vor § 306 Rn. 11). Anhaltspunkte dafür, daß dem Pkw ein weiterer Schaden als die Lackkratzer gedroht hat, ergeben die Feststellungen nicht.
Die Kratzer sind aber kein bedeutender Schaden im Sinne des § 315c StGB. Die Schadenshöhe bestimmt sich hier - anders als bei § 69 Abs.2 Nr. 3 StGB - in der Regel nach der Minderung des Verkehrswertes der beschädigten Sache (vgl. Tröndle aaO; SK aaO; Schönke/Schröder aaO Rn. 15). Da der Geschädigte seinen Pkw in Albanien verkauft hat, liegt es auf der Hand, daß er wegen der Kratzer keinen bedeutenden Mindererlös erzielt hat. Soweit die Strafkammer aufgrund des Kostenvoranschlages einer Lackiererei von einem maximalen Schaden von 1400 DM ausgeht, hat sie damit ersichtlich gemeint, daß die konkret eingetretene Gefahr auf diesen Schaden nach oben begrenzt werden muß. Ein drohender Schaden von 1400 DM kann derzeit nicht mehr als bedeutender Schaden angesehen werden (der Senat hat - bezogen auf September 1979 - mit Beschluß vom 20.5.1981 - RReg. 1 St 113/81 einen drohenden Schaden von 1200 DM noch nicht als bedeutend bewertet; vgl. auch SK aaO: 2000 DM; Schönke/Schröder aaO Rn. 15: 1500 DM).
2. Auch die Angriffe der Beschwerdeführerin gegen den Rechtsfolgenausspruch bleiben ohne Erfolg...
Fundstellen
Haufe-Index 2993764 |
NJW 1998, 1966 |
ZAP 1998, 157 |
DAR 1998, 149 |
NZV 1998, 164 |
VRS 1998, 451 |
VRS 94, 451 |
VersR 1999, 335 |
StV 1998, 267 |