Entscheidungsstichwort (Thema)
Eidesstattliche Versicherung per Telefax. Arrest. eidesstattliche-Versicherung. Telefax. Telekopie. Widerspruchsverfahren. Prozeßstoff. falscher eidesstattlicher Versicherung
Leitsatz (amtlich)
Der 5. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hatte sich am 23. Februar 1995 mit einem Fall zu befassen, in dem der Antragsgegner in einem Verfahren des dinglichen Arrests dem Gericht eine eidesstattliche Versicherung mit unwahren Angaben mittels Telefax zugeleitet hatte. Ob das Original dem Gericht später vorgelegt wurde, blieb ungeklärt.
Der Senat vertrat die Auffassung, jedenfalls im Verfahren des zivilrechtlichen vorläufigen Rechtsschutzes, also des dinglichen Arrests und der einstweiligen Verfügung, könne eine eidesstattliche Versicherung zur Glaubhaftmachung des Parteivortrags auch als Telekopie zivil- und strafrechtlich wirksam abgegeben werden. Per Telefax zugeleitete Prozeßhandlungen wie Rechtsbehelfe bei Behörden würden in der Rechtsprechung der Verfassungs- und Fachgerichte zunehmend als rechtswirksam angesehen.
Wenn bei einer Reihe rechtlich erheblicher Erklärungen – wie etwa der Bürgschaftserklärung – die Übermittlung einer Telefaxkopie nach der Rechtsprechung rechtliche Wirksamkeit wegen Formmangels nicht zukomme, so müsse für die Versicherungen an Eides Statt, durch die Parteien im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ihr Vorbringen glaubhaft machten, anderes gelten.
Wird deshalb in solchen Verfahren dem Gericht durch Telefax eine eidesstattliche Versicherung mit unwahren Angaben zugeleitet, so könne mit Eingang der Erklärung bei dem Aufnahmegerät des Gerichts der Straftatbestand der falschen Versicherung an Eides Statt nach § 156 StGB verwirklicht werden.
1. In Verfahren des dinglichen Arrests oder der einstweiligen Verfügung kann eine falsche eidesstattliche Versicherung schon dann strafbar sein, wenn diese dem zuständigen Gericht per Telefax zugeleitet worden ist.
2. Eine eidesstattliche Versicherung ist in der Regel auch dann abgegeben, wenn die Originalvorlage vom Absender unterschrieben und sie dann vom Telefaxgerät des Absenders mit seinem Wissen und Wollen direkt dem entsprechenden Gerät des Gerichts übermittelt worden ist.
3. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann eine nach Erhebung des Widerspruchs gemäß § 924 ZPO abgegebene eidesstattliche Versicherung im Rahmen des § 156 StGB nur dann rechtliche Bedeutung und damit strafrechtliche Relevanz erlangen, wenn eine Partei in mündlicher Verhandlung von ihr Gebrauch macht oder auf die bereits vorliegende eidesstattliche Versicherung Bezug nimmt.
Normenkette
StGB § 156; ZPO § 924
Tenor
I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts … vom 18. November 1993 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts … zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Das Schöffengericht bei dem Amtsgericht … verurteilte den Angeklagten am 29.4.1992 wegen falscher Versicherung an Eides Statt in Tateinheit mit versuchtem Betrug zur Freiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Das Schöffengericht ging davon aus, daß das Amtsgericht … auf Antrag des … gegen … am 6.3.1990 einen Arrestbefehl über 7 Millionen DM erlassen habe. Dagegen habe der Angeklagte, der Frau … anwaltschaftlich vertreten habe, mit Schriftsatz vom 22.5.1990 Widerspruch eingelegt und beantragt, den Arrestbefehl sowie die Vollziehung des Arrestes aufzuheben. Den Schriftsatz vom 22.5.1990 habe der Angeklagte selbst diktiert, jedoch wegen seiner momentanen Abwesenheit von seinem Anwaltskollegen … unterzeichnen lassen. Im Schriftsatz habe der Angeklagte auch seine entsprechende eidesstattliche Versicherung angekündigt und diese mit Telefax am 25.5.1990 beim Amtsgericht W. eingereicht. Sowohl im Schriftsatz wie auch in der eidesstattlichen Versicherung habe der Angeklagte dem Vorbringen der Gegenseite widersprochen. Dem Angeklagten sei es darauf angekommen, durch seine unrichtige Versicherung gegenüber dem Amtsgericht W. über die Berechtigung des geltend gemachten Provisionsanspruchs des Antragstellers in Höhe von 7 Millionen DM zu täuschen wie auch die Aufhebung des Arrestes zu bewirken. Im Termin vom 28.5.1990 sei das Arrestverfahren an das zuständige Landgericht W. verwiesen worden. Das Original dieser eidesstattlichen Versicherung habe der Angeklagte in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.5.1990 persönlich zu den Akten im Sitzungssaal 107 des Amtsgerichts W. übergeben.
Auf die Berufung des Angeklagten hob das Landgericht … am 18.11.1993 das Urteil des Amtsgerichts auf und sprach den Angeklagten frei, weil der Angeklagte die eidesstattliche Versicherung nicht abgegeben habe. Die knapp fünf Seiten lange eidesstattliche Versicherung des Angeklagten sei am 25.5.1990 per Telefax an die gemeinsame Einlaufstelle der Justizbehörden in W. übersandt worden. Wann die Telefax-Nachricht von dort zu den Akten ge...