Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückauflassung. Leibgeding
Leitsatz (redaktionell)
Zum möglichen Inhalt eines Leibgedingvertrages insbesondere die Gewährung eines Wohnrechts.
Normenkette
AGBGB Art. 7
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 27.07.1992; Aktenzeichen 17 U 4522/91) |
LG München II (Urteil vom 06.06.1991; Aktenzeichen 14 O 913/91) |
Tenor
I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 27. Juli 1992 aufgehoben.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 6. Juni 1991 wird zurückgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Wiedereinsetzung; diese fallen der Beklagten zur Last.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückübereignung eines ihr aufgrund eines notariellen Vertrages überlassenen Grundstücks mit der Begründung, er sei von diesem Vertrag rechtswirksam zurückgetreten, weil die Beklagte die übernommene Verpflichtung zu „Wart und Pflege” nicht erfüllt habe.
Mit einem als „Hausüberlassung” bezeichneten notariellen Vertrag vom 29.12.1987 hat der im Jahr 1925 geborene verwitwete Kläger (im Vertrag als Veräußerer bezeichnet) der Beklagten (im Vertrag als Erwerber bezeichnet) sein in … gelegenes Anwesen (Wohnhaus, Nebengebäude und Garten) zum Alleineigentum „überlassen”. Als „Gegenleistung” wurde ihm auf Lebenszeit der unentgeltliche Nießbrauch eingeräumt und unter „Wart und Pflege” folgendes vereinbart:
Der Erwerber verpflichtet sich, den Veräußerer im Alter, bei Gebrechlichkeit und im Krankheitsfalle zu warten und zu pflegen, bei der Besorgung der häuslichen Arbeiten zu unterstützen, dessen Wohnung in ordentlichen Zustande zu halten und ihm auf Verlangen die tägliche Kost zuzubereiten und in seine Wohnung zu bringen, sowie die für die Zubereitung erforderlichen Naturalien auf dessen Kosten zu besorgen. Die Wart und Pflege ist nur in dem Umfange zu erbringen, wie diese ohne Zuhilfenahme dritter Personen möglich ist und solange der Veräußerer im Vertragsanwesen wohnt.
Diese Rechte wurden zugunsten des Klägers als Reallast bestellt und bewilligt. Ferner erklärten die Vertragsparteien, daß „Wart und Pflege” von der Beklagten bereits seit August 1981 erbracht werde. Die Beklagte wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Ab November 1990 hielt sich der Kläger zeitweise nicht mehr in seinem Anwesen auf, sondern nach der Behauptung der Beklagten in …, wo er mit einer anderen Frau in Wohngemeinschaft lebe. Mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 16.11.1990 verlangte er, daß die Beklagte nunmehr in das Haus einziehe, weil er jetzt 65 Jahre alt, gebrechlich und krank sei. Nachdem die Beklagte erklärt hatte, sie könne ihrer Verpflichtung auch von ihrem gegenwärtigen, von … rund 50 km entfernten Wohnort aus nachkommen, trat der Kläger mit Schreiben vom 5.2.1991 vom notariellen Vertrag zurück und beantragte mit der zum Landgericht erhobenen Klage, die Beklagte zur Rückauflassung des Grundstücks zu verurteilen. Das Landgericht wies die Klage am 6.6.1991 ab, weil die Voraussetzungen des § 326 BGB am 5.2.1991 nicht gegeben gewesen seien. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 5.7.1991 dargelegt hatte, wie sie sich die künftige Erfüllung ihrer Pflichten vorstelle, erklärte der Kläger mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 9.7.1991 erneut, daß er vom Vertrag vom 29.12.1987 zurücktrete.
Das Oberlandesgericht hob nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 27.7.1992 die Entscheidung des Landgerichts auf und verurteilte die Beklagte, das Grundstück an den Kläger rückaufzulassen und die Eintragung des Klägers im Grundbuch zu bewilligen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt und Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionsfrist beantragt; diese hat der Senat mit Beschluß vom 26.11.1992 bewilligt.
Die Beklagte erstrebt die Wiederherstellung des Ersturteils. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die infolge der Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist (§ 233 ZPO) rechtzeitig eingelegte und auch im übrigen zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und im Ergebnis zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
I.
Das Oberlandesgericht hat ausgeführt:
Der Kläger habe mit Schreiben vom 9.7.1991 den Vertrag vom 29.12.1987 wirksam gekündigt und könne daher die Rückübertragung des der Beklagten überlassenen Grundstücks verlangen. Er sei aus Altersgründen krank und pflegebedürftig und deshalb auf die vereinbarte „Wart und Pflege” angewiesen. Davon habe sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung überzeugen können. Der Sachverständige habe eine chronische Krankheit bestätigt. Die Beklagte befinde sich mit ihrer vertraglichen Leistung jedenfalls seit Zugang des Schreibens vom 19.6.1991 in Verzug. Mit ihrem Schreiben vom 5.7.1991 habe sie die Erfüllung ihrer...