Tenor

I. Es wird festgestellt,

dass die Erklärung der Musterbeklagten in ihren Kündigungsschreiben zu den Prämiensparverträgen, welche die Formulierung enthalten

"Dies erfordert, dass wir von unserem ordentlichen Kündigungsrecht nach Nr. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit dreimonatiger Frist Gebrauch machen und Ihren Prämiensparvertrag [...] hiermit zum [...] kündigen. [...] Der Bundesgerichtshof hat die Rechtmäßigkeit der ordentlichen Kündigung von Prämiensparverträgen nach Erreichen der höchsten Prämiensparstufe mit Urteil vom 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18 insoweit bestätigt.",

nicht dahingehend ausgelegt oder umgedeutet werden kann, dass die Musterbeklagte von einem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen wollte.

II. Es wird festgestellt,

dass es nach dem Konzept der formularmäßigen Prämiensparverträge der Musterbeklagten, in denen die Zinsklausel formularmäßig lautet

"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...%, [...]",

allein interessengerecht ist, die Zinsanpassung vorzunehmen

bei Verträgen, die im Zeitraum ab dem Jahr 2020 geschlossen worden sind, auf der Grundlage der Zeitreihe der Deutschen Bundesbank mit der Kennung

BBSIS.M.I.ZAR.ZI.EUR.S1311.B.A604.R15XX.R.A.A._Z._Z.A. (Aus der Zinsstruktur abgeleitete Renditen für Bundeswertpapiere mit jährl. Kuponzahlungen / RLZ 15 Jahre / Monatswerte),

bei Verträgen, die im davorliegenden Zeitraum ab September 1993 geschlossen worden sind, auf der Grundlage der Zeitreihe der Deutschen Bundesbank mit der Kennung BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.S1311.B.A604.R0815.R.A.A._Z._Z.A (Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Börsennotierte Bundeswertpapiere / RLZ von über 8 bis 15 Jahren / Monatswerte) (vormals WU 9554)

und

bei Verträgen, die im Zeitraum vor September 1993 geschlossen worden sind, auf der Grundlage der Zeitreihe der Deutschen Bundesbank mit der Kennung

BBSIS.M.I.ZAR.ZI.EUR.S1311.B.A604.R10XX.R.A.A._Z._Z.A (Aus der Zinsstruktur abgeleitete Renditen für Bundeswertpapiere mit jährl. Kuponzahlungen / RLZ 10 Jahre / Monatswerte).

III. Es wird festgestellt,

dass es nach dem Konzept der formularmäßigen Prämiensparverträge der Musterbeklagten, in denen die Zinsklausel formularmäßig lautet

"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...%, [...]",

allein interessengerecht ist, die Zinsanpassung monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle vorzunehmen.

IV. Es wird festgestellt,

dass es nach dem Konzept der formularmäßigen Prämiensparverträge der Musterbeklagten, in denen die Zinsklausel formularmäßig lautet

"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...%, [...]",

allein interessengerecht ist, die Zinsanpassung unter Wahrung des absoluten Abstands des anfänglichen Vertragszinssatzes zum Referenzzinssatz vorzunehmen,

und dass der vertragliche Zinssatz nicht negativ werden kann.

V. Es wird festgestellt,

dass der Zinsmehrbetrag, welcher sich aus der ergänzenden Vertragsauslegung und Neuberechnung ergibt, als Sparkapital anzusehen ist,

sowie

dass der Anspruch hierauf wie die Hauptforderung auf Auszahlung der Spareinlage verjährt,

und dass die Verjährung frühestens mit dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrags beginnt.

VI. Es wird festgestellt,

dass in Formularverträgen "Prämiensparen flexibel", die von der Musterbeklagten gegenüber Verbrauchern verwendet worden sind, die formularmäßige Bestimmung

"[...]. Vertragsdauer

Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von |__1188 Monaten abgeschlossen."

eine einseitig zu Lasten der Musterbeklagten verbindliche Gesamtlaufzeit des Vertrags "Prämiensparen flexibel" für 1188 Monate und einen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Musterbeklagten für diesen Zeitraum beinhaltet.

VII. Die Musterfeststellungsklage wird hinsichtlich der Anträge III. 1 c), III. 2, III. 8, III. 9 und III. 10 a) als unzulässig verworfen.

VIII. Im Übrigen wird die Musterfeststellungsklage als unbegründet zurückgewiesen.

IX. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

X. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Der Musterbeklagten wird gestattet, eine von ihr zu erbringende Sicherheit durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Steuer- und Zollbürgen zugelassenen Kreditinstituts mit Sitz in der Europäischen Union zu leisten.

XI. Der Streitwert des Musterfeststellungsverfahrens wird auf 220.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Musterkläger, ein eingetragener Verein, begehrt mit der Musterfeststellungsklage Feststellungen tatsächlicher und rechtlicher Art in Bezug auf Sparverträge mit der Bezeichnung "S-Prämiensparen flexibel", welche die Musterbeklagte und ihre Rechtsvorgängerinnen seit den 1990er Jahren mit Verbrauchern geschlossen haben. Die Feststellungsziele betreffen die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung dieser Verträge durch die Musterbeklagte (Feststellungsziele III. 1), die Best...

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