Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war der Unterhaltsanspruch der Mutter eines am 29.8.2004 geborenen Kindes, die mit dem Vater nicht verheiratet war. Sie war seit dem Jahre 2001 selbständig als Maklerin tätig. Nach der Geburt des Kindes setzte sie ihre Tätigkeit fort, musste jedoch zusätzlich schon während der Schwangerschaft und nach der Geburt freie Mitarbeiter einstellen, da sie selbst einer vollen Erwerbstätigkeit wegen der Kindesbetreuung nicht nachgehen konnte.
Die Mutter nahm den Vater ihres Kindes auf Zahlung von Unterhalt nach § 1615l sowie Krankheitsvorsorgeunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt in Anspruch.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Mutter und Klägerin Berufung ein, da sie mit ihrem Klageantrag in erster Instanz nur teilweise erfolgreich war. In der Rechtsmittelinstanz verglichen sich die Parteien nach vorheriger Unterbreitung eines Vergleichsvorschlages vonseiten des OLG.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Berufung der Klägerin für zumindest teilweise erfolgversprechend. Die Klägerin habe ihre Bedürftigkeit hinreichend dargelegt, der Beklagte sei unstreitig leistungsfähig.
Die Bedürftigkeit der Klägerin ergebe sich daraus, dass sie seit der Geburt des Kindes einen Einkommensrückgang hinnehmen musste und insoweit ihre Lebensstellung zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes, die ihren Bedarf gem. § 1610 BGB darstellt, nicht aufrechterhalten konnte. Im Übrigen seien die zur Erzielung des Einkommens notwendig gezahlten vermehrten Umsatzprovisionen für freie Mitarbeiter zu berücksichtigen, die nicht notwendig gewesen wären, wenn nicht die Klägerin durch Schwangerschaft und Kindesbetreuung an eigener voller Erwerbstätigkeit gehindert gewesen wäre. Nur mit Hilfe dieser Mitarbeiter sei die Klägerin in der Lage gewesen, ihren Geschäftsbetrieb in dem von ihr angeführten Umfang aufrechtzuerhalten. Diese Kosten für die Erzielung der Einnahmen seien somit abzugsfähig.
Das von der Klägerin erzielte Einkommen ist nach Auffassung des OLG i.H.v. 300,00 EUR analog § 1577 Abs. 2 BGB als überobligationsmäßig erzielt anzusehen und nicht auf ihren Unterhaltsbedarf anzurechnen. § 1577 BGB sei nach der Entscheidung des BGH (BGH FamRZ 2005, 442) auch auf den Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB anzuwenden. Auch wenn die Klägerin den Betrieb und die Wohnung im gleichen Hause habe, seien die Doppelbelastung von Kindesbetreuung und Maklertätigkeit derartig hoch, dass ein Betrag von monatlich 300,00 EUR gerechtfertigt erscheine.
Im Übrigen habe der Beklagte auch die von der Klägerin aufzuwendenden Kosten für eine angemessene Krankenversicherung zu erstatten. Altersvorsorgeunterhalt sei allerdings nicht geschuldet, da die Klägerin für die ersten drei Jahre der Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung vom Staat in Höhe des Durchschnittseinkommens versichert sei.
Hinweis
Das OLG hat den anrechnungsfreien Betrag aufseiten der Kindesmutter nicht im Wege des Betreuungsbonus, sondern gem. § 1577 Abs. 2 BGB ermittelt. Damit hat das Berufungsgericht der geänderten Rechtsprechung des BGH Rechnung getragen (BGH FamRZ 2005, 442).
Die dazu erforderliche Abwägung der Einzelfallumstände lässt sich dem Beschluss allerdings nicht entnehmen, was darauf zurückzuführen sein mag, dass es sich hierbei um einen den Parteien unterbreiteten Vergleichsvorschlag handelte.
Das OLG hat der nicht mit dem Vater verheirateten Mutter Krankenvorsorgeunterhalt zugesprochen (anders OLG Hamm in NJW 2005, 297). Tatsächlich sind gem. § 1615l Abs. 3 BGB die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten entsprechend anzuwenden. Danach zählen zum Bedarf der Mutter auch die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung. Altersvorsorgeunterhalt wurde hingegen nach Auffassung des OLG nicht geschuldet.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 12.01.2006, 16 UF 1643/05