Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
- Antragsbefugnis eines einzelnen Eigentümers auf Feststellung der Unwirksamkeit (bzw. Teilunwirksamkeit) eines Verwaltervertrages, der kraft Beschlussfassung vom Beirat auszuhandeln bzw. nur zu unterzeichnen war
- Beschlussweise Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirats zum Abschluss eines Verwaltervertrags ermächtigt diesen nur, Regelungen zu treffen, die ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, nicht jedoch solche, die das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer betreffen
- Vielfach übliche Sondervergütungsabsprachen ungültig!
- Zur Verfahrensvertretung des Verwalters
Normenkette
§ 21 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG, § 139 BGB, § 612 BGB, § 670 BGB, § 675 BGB
Kommentar
1. Lt. Sachverhalt wurde ein Verwalter entsprechend seinem Pauschal-Honorarangebot (jeweils unterschiedlich pro Wohneinheit, Garage und Gewerbeteil sowie jeweils auf 1 Jahr bezogen) durch Mehrheitsbeschluss zum Verwalter bestellt. Gleichzeitig wurde der Beirat ermächtigt, den Vertrag zu unterzeichnen bzw. auszuhandeln und zu unterzeichnen. Über diesen Ermächtigungsumfang hat das LG nach Zurückverweisung der Sache noch zu entscheiden.
Der Verwaltungsbeirat hatte dann einen umfangreichen schriftlichen Verwaltervertrag mit dem bestellten Verwalter abgeschlossen, u.a. diesem für einzelne Geschäftsbesorgungen auch Sondervergütungen zugebilligt. In nachfolgender Eigentümerversammlung wurden diverse Beschlüsse gefasst. Ein Eigentümer focht diese an und begehrte zusätzlich, dass der Verwaltervertrag insgesamt, hilfsweise bestimmte Regelungen unwirksam seien.
2. Der besagte Verwalter ist hier zur Vertretung der übrigen Eigentümer - bezogen auf den Verfahrensgegenstand des Rechtsmittels (Feststellung der Unwirksamkeit des Verwaltervertrages) - nicht befugt. Sein Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde war deshalb als unzulässig zu verwerfen. Kraft Gesetzes ist ein Verwalter nur berechtigt, für die Wohnungseigentümer Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen ( § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG); eine darüber hinausgehende Vertretungsmacht in gerichtlichen Verfahren räumt ihm das Gesetz - abgesehen von einem hier nicht vorliegenden Eilfall i.S.d. § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG - nicht ein. Zur Vertretung der Eigentümer oder einer überwiegenden Anzahl von ihnen in gerichtlichen Verfahren ist ein Verwalter vielmehr nur berechtigt, wenn er dazu durch Vereinbarung, durch Eigentümerbeschluss oder durch den auf einem Eigentümerbeschluss beruhenden Verwaltervertrag ermächtigt ist (vgl. BayObLG, NJW-RR 1997, 396, 397). Die im vorliegenden Fall getroffene Verwaltervertragsregelung bezog sich im Ausgangspunkt nur auf "anhängige Prozesse gegen die Gemeinschaft einschließlich Verfahren nach § 43 WEG, insbesondere Beschlussanfechtungsverfahren". Diese Regelung und eine weitere allein für "Aktiv-Prozesse" ergibt unzweideutig, dass die Vertretungsbefugnis des Verwalters nur solche Verfahren betrifft, in denen sich die Gemeinschaft auf der Passivseite (Beklagte, Antragsgegnerin) befindet. Vorliegend ging es jedoch primär um ein Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG, d.h. um eine beantragte Entscheidung über Rechte und Pflichten des Verwalters. Antragsgegner ist hier der Verwalter, nicht die Gemeinschaft. Jedes andere Ergebnis würde zu einem Interessenwiderstreit auf Seiten des Verwalters führen.
3. Beschwerdeberechtigt war allerdings der Verwalter selbst, wenn das LG die Entscheidung des AG zu seinem Nachteil abgeändert und die Unwirksamkeit des Verwaltervertrages insgesamt festgestellt hat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Verwalter zwischenzeitlich durch Beschluss der Eigentümerversammlung abberufen wurde; nach wie vor ist er beschwert; es geht weiterhin um seine Rechte und Pflichten als Verwalter in der Vergangenheit.
4. Das LG hat jedoch versäumt, die namentlich nicht benannten weiteren Wohnungseigentümer zum Verfahren hinzuzuziehen und diesen durch Bekanntgabe der Schriftsätze Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und sie zu mündlichen Verhandlungsterminen vor der Kammer zu laden. Auch die restlichen Eigentümer sind neben dem Verwalter Beteiligte des Verfahrens ( § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG). Der Verwalter konnte die restlichen Beteiligten in seiner Eigenschaft als Verwalter zum hier streitigen Verfahrensgegenstand einer rechtsgeschäftlichen Vertretungsbefugnis nicht vertreten. Auch die gesetzliche Zustellungsvollmacht des Verwalters nach § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG greift hier nicht ein. Die Anwendung dieser Vorschrift ist nicht nur dann entsprechend § 185 ZPO ausgeschlossen, wenn der Verwalter formell Verfahrensgegner der zu vertretenden Eigentümer ist, sondern auch dann, wenn nach dem Gegenstand des Verfahrens die Gefahr einer Interessenkollision für den Verwalter besteht (vgl. etwa KG Berlin FGPrax 1997, 182; OLG Hamm Rechtspfleger 1985, 257).
Ein solcher Verfahrensmangel unterbliebener Beteiligung der Wohnungseigentümer führt zwingend zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung (vgl. § 27 Abs.1 Satz 2 FGG, § 551 Nr. 5 ZPO sowie BayObLG, NJW-RR 1990, 660) un...