Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Einverständniserklärung eines Eigentümers ist nicht als Eigentümerbeschluss zu qualifizieren
Berechtigter Einwand treuwidrigen Verhaltens
Unterbliebene Beteiligung kann im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden
Normenkette
§ 25 WEG, § 43 Abs. 1, 4 WEG, § 242 BGB
Kommentar
1. Gestattet einseitig ein Eigentümer einem anderen Eigentümer, einen Teil einer Sondernutzungsfläche als Abstellplatz zur Verfügung zu stellen und heißt es in der Einladung zu einer Versammlung neben konkreten Tagesordnungspunkten in Hinweisform, dass "weitere Probleme aller Eigentümer berücksichtigt"werden, fehlt damit die nach § 23 Abs. 2 WEG erforderliche Bezeichnung eines Beschlussgegenstandes in der Einberufung. Aus dem entscheidenden Inhalt des Protokolles ließ sich im vorliegenden Fall lediglich die einseitige Einverständniserklärung des Antragstellers mit der Verschiebung seines Stellplatzes auf eine angrenzende Sondernutzungsgrünfläche entnehmen, nicht aber eine Willensbildung der erschienenen Eigentümer insgesamt. Es fehlt hier an dem für einen Eigentümerbeschluss erforderlichen Gesamtakt, bestehend aus mehreren gleichgerichteten rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen (h.M.).
2. Die Erklärung war hier mit keinerlei Einschränkungen oder Vorbehalten versehen, auch nicht, dass sie nur vorläufig bis zu einem Widerruf gelten solle. Viele Jahre fühlten sich die Beteiligten allerdings an ihre Erklärungen gebunden. Es widerspricht hier den Grundsätzen von Treu und Glauben, wenn sie sich nunmehr von ihrer Erklärung loslösen wollen, zumal sich die Antragsgegnerseite im Vertrauen auf deren Bestand darauf eingerichtet hatte. Somit war es den Antragstellern gem. § 242 BGB verwehrt, darauf zu bestehen, dass der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werde. Am Umfang und Bestand der jeweiligen Sondernutzungsrechte habe sich damit allerdings nichts geändert. Dem Herausgabeanspruch der Antragsteller stehe allerdings der Einwand widersprüchlichen, treuwidrigen Verhaltens entgegen.
3. Die unterbliebene Beteiligung materiell beteiligter Wohnungseigentümer kann im Beschwerdeverfahren noch durch die Beteiligung der weiteren Beteiligten geheilt werden; eine solche Heilung im Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich möglich; sie kann selbst in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorgenommen werden (BGH, FGPrax 1998, 15/16).
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in allen Rechtszügen bei Geschäftswert von jeweils DM 15.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 04.11.1999, 2Z BR 140/99)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer