Entscheidungsstichwort (Thema)
Herausgabe eines Stellplatzes
Leitsatz (amtlich)
1. Die unterbliebene Beteiligung materiell beteiligter Wohnungseigentümer kann im Beschwerde verfahren nachgeholt werden.
2. Ein Eigentümerbeschluß setzt gleichgerichtete Willenserklärungen in der Form eines Gesamtaktes voraus.
3. Hat sich ein Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vorbehaltlos bereit erklärt, seine Sondernutzungsfläche für den Stellplatz eines anderen Wohnungseigentümers teilweise zur Verfügung zu stellen, und hält er sich daran auch mehrere Jahre, dann kann seinem Herausgabeverlangen der Einwand widersprüchlichen Verhaltens entgegenstehen.
Normenkette
WEG §§ 25, 43 Abs. 1, 4; BGB § 42
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 27.08.1999; Aktenzeichen 14 T 3128/99) |
AG Erlangen (Urteil vom 09.04.1999; Aktenzeichen 10 UR II 83/98) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner werden die Beschlüsse des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. August 1999 und des Amtsgerichts Erlangen vom 9. April 1999 aufgehoben.
II. Der Antrag der Antragsteller wird abgewiesen.
III. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für sämtliche Rechtszüge wird auf 15.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus vier Wohnungen bestehenden Wohnanlage mit der Hs.Nr. 2. Mit jeder Wohnung ist das Sondereigentum an einem oberirdischen Kfz-Stellplatz verbunden. Der Stellplatz Nr. 1 der Antragsgegner ragt in die Zufahrt zum rückwärtigen Teil des Grundstücks mit der Hs.Nr. 4 hinein. Zwischen dem unmittelbar angrenzenden Stellplatz Nr. 2 der Antragsteller und den Stellplätzen Nr. 3 und 4 befindet sich ein Grünstreifen mit dem gepflasterten Zugang zur Wohnung der Antragsteller, an dem den Antragstellern das Sondernutzungsrecht eingeräumt ist.
In der Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 2.2.1993 ist unter Tagesordnungspunkt 3 (Allgemeines) unter anderem ausgeführt:
- Die Zufahrt zwischen … Weg 2 und … Weg 4 bleibt erhalten.
- Familie … (= Antragsteller) ist bereit, für die festgelegten Maße des Stellplatzes 2 die Grünfläche links neben dem Zugang von Familie … (= Antragsteller) zur Verfügung zu stellen.
Die Niederschrift ist von einem der beiden Antragsteller als „Protokollant” und von einem der beiden weiteren Beteiligten zu 2 als Verwalter unterzeichnet.
Die Antragsgegner verlegten daraufhin ihren Stellplatz etwas in Richtung des Grünstreifens und teilweise auf die Sondernutzungsfläche der Antragsteller.
Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht am 9.4.1999 die Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern den Teil des von den Antragsgegnern genutzten Kfz-Stellplatzes herauszugeben, der nach der Teilungserklärung zu dem Stellplatz Nr. 2 gehört. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 27.8.1999 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Abweisung des Antrags der Antragsteller.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die im amtsgerichtlichen Verfahren unterbliebene Beteiligung der weiteren Beteiligten sei dadurch geheilt worden, daß der Verwalter vom Beschwerdegericht von dem Verfahren unterrichtet worden sei. Es bereite Mühe, bei den Erklärungen in der Niederschrift vom 2.2.1993 im Zusammenhang mit den Stellplätzen von einem formellen Eigentümerbeschluß auszugehen. Selbst wenn man einen formell wirksamen Eigentümerbeschluß annehme, sei dieser unwirksam. Das den Antragstellern zustehende Sondernutzungsrecht an dem Stellplatz habe nicht durch einen Eigentümerbeschluß geändert werden können. Der Eigentümerbeschluß greife in den Kernbereich des Sondereigentumsrechts der Antragsteller ein. Damit könne dahinstehen, welche Erwägungen für den Eigentümerbeschluß maßgebend gewesen seien.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zu Recht weisen die Antragsgegner darauf hin, daß in dem Verfahren nicht nur die Antragsteller und die Antragsgegner, sondern auch die weiteren Beteiligten als die übrigen Wohnungseigentümer materiell beteiligt sind und deshalb formell am Verfahren beteiligt werden müssen. Dies ergibt sich daraus, daß Gegenstand des Verfahrens ein Antrag ist, der die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander betrifft (§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG). Der in der im Verfahren vor dem Amtsgericht unterbliebenen Beteiligung der weiteren Wohnungseigentümer liegende Verfahrensmangel wurde vom Landgericht durch die Beteiligung der weiteren Beteiligten geheilt. Eine solche Heilung im Beschwerde verfahren ist grundsätzlich möglich; sie kann selbst in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorgenommen werden (BGH FGPrax 1998, 15/16). Der Verwalter wurde vom Amtsgericht zwar zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen und ist zum Termin auch ersc...