Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Umgangsrecht eines Elternteils zeitlich befristet auszuschließen ist.

 

Sachverhalt

Geschiedene Eltern eines minderjährigen Kindes stritten sich um das Umgangsrecht. Nach ihrer Trennung im Jahre 2001 hatte das Kind seinen Lebensmittelpunkt zunächst im Haushalt seines Vaters, seit Mitte 2002 hielt es sich aufgrund entsprechender gerichtlicher Entscheidung im Haushalt seiner Mutter auf, der schließlich auch das alleinige Sorgerecht übertragen wurde.

Im Juni 2006 stellte der Vater mit dem Ziel eines Aufenthaltswechsels des Kindes zu ihm den Antrag, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen, ein Rechtsmittel hiergegen hat der Vater nicht eingelegt.

Bis Juli 2006 fand ein regelmäßiger Wochenend- und Ferienumgang des Kindes mit dem Vater statt. Im Wege der einstweiligen Anordnung hat das AG den Umgang des Vaters mit Beschluss vom 28.7.2006 zunächst vollständig ausgeschlossen und ihm mit Beschluss vom 21.8.2006 einen wöchentlichen begleiteten Umgang für die Dauer von jeweils zwei Stunden eingeräumt. Den begleiteten Umgang nahm der Vater nicht wahr, so dass es zwischen ihm und dem Kind seit Juli 2006 nur zu wenigen Kontakten auf dem Schulweg, bei Schulveranstaltungen und im Rahmen der Erstellung des vom AG in Auftrag gegebenen kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens kam.

Mit Beschluss vom 1.2.2007 hat das AG den Umgang des Vaters ausgeschlossen und dies damit begründet, dass das Wohl des Kindes bei unbegleitetem Umgang mit seinem Vater gefährdet sei und er die möglichen Formen der Begleitung ablehne.

Hiergegen hat der Vater Beschwerde eingelegt, die nur insoweit Erfolg hatte, als der Umgangsausschluss auf ein Jahr befristet wurde.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, der Vater verhindere durch sein Verhalten, zu dessen Änderung er nicht bereit oder in der Lage sei, dass ein Umgangs ohne massiv psychosomatische Auswirkungen für das Kind möglich sei. Der Umstand, dass der damals 10-jährige Junge noch eingekotet und eingenässt habe, sei auf massive psychische Belastungen zurückzuführen. Diese Belastungen seien durch den Umgang mit dem Vater entstanden, der das Kind dauerhaft in einen Loyalitätskonflikt zur Mutter gebracht habe. Er habe nicht akzeptiert, dass das Kind seinen Lebensmittelpunkt bei der Mutter habe und diesen Konflikt offen spürbar und sichtbar für das Kind ausgetragen. Seit Einstellung der Kontakte zu dem Vater habe das Kind Ruhe und psychische Ausgeglichenheit verspürt, was auch dazu geführt habe, dass das Einkoten und Einnässen fast verschwunden sei.

Die Anhörung des Vaters vor dem OLG habe die von dem Sachverständigen gewonnenen Erkenntnisse zur Persönlichkeit des Vaters bestätigt. Er könne sich nicht von der Fixierung lösen, dass ihm Unrecht zugefügt worden sei, als der Aufenthalt des Kindes zur Mutter gewechselt habe. So habe er auch geäußert, dass das Kind die seit Jahren andauernde Trennung von ihm nicht verkraftet habe. Er könne daher seinen Lebensmittelpunkt bei der Mutter nicht akzeptieren.

Auch nach fünf Jahren sei er persönlich immer noch stark gekränkt und könne nicht erkennen, dass der Umgang des Kindes mit ihm Probleme verursache.

Die aus dem massiven Loyalitätskonflikt herrührenden emotionalen Belastungen des Kindes müssten beseitigt werden. Insoweit seien alle Versuche gescheitert, bei dem Vater auch nur im Ansatz Verständnis zu wecken. Er glaube, gegenüber allen anderen einen Wissensvorsprung zu haben und den richtigen Weg zu kennen. Er bemerke nicht den Loyalitätskonflikt des Kindes und beziehe das Kind wie einen Erwachsenen in den Streit ein.

Die Unfähigkeit des Vaters, das Kind aus dem Elternkonflikt herauszuhalten und die Bedürfnisse seines Sohnes nach Ruhe und Ausgeglichenheit zu erkennen, sei anlässlich des Anhörungstermins überdeutlich geworden. Er habe das Kind abrupt an sich gerissen und es zunächst nicht herausgeben wollen. Ein derart amokartiges und das Kind traumatisierendes Verhalten zeige, dass der Vater völlig unsensibel das Kind benutze, um seine Sicht der Dinge darzustellen.

Zu einem Ausschluss des Umgangsrechts für die Dauer eines Jahres gab es aus der Sicht des OLG keine Alternativen. Eine bloße Rückkehr zur früheren Umgangsregelung würde das Kind in nicht zu verantwortender Weise wieder ungeschützt den genannten Belastungen aussetzen.

Auch ein begleiteter Umgang scheide aus. Der Vater lehne ihn ohnehin ab und habe ihn nie durchgeführt. Begleiteter Umgang sei auch nur als Anbahnungshilfe bei vorübergehenden Problemen und nicht bei Problemen grundlegender Art wie im vorliegenden Fall geeignet.

Der Umgangsausschluss war nach Auffassung des OLG auf ein Jahr zu begrenzen, um die Chance gedeihlicher Kontakte zwischen Vater und Sohn nach diesem Zeitraum trotz allem zu wahren.

 

Link zur Entscheidung

OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.08.2007, 11 UF 305/07

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?