Leitsatz
Die Parteien stritten um die Abänderung eines anlässlich der Ehescheidung geschlossenen Vergleichs über die Zahlung von nachehelichem Unterhalt. Ihre Ehe war durch Urteil vom 11.3.1994 geschieden worden. Der Ehemann hatte sich verpflichtet, an die Ehefrau als Aufstockungsunterhalt monatlich 1.300,00 DM befristet bis Ende 2004 zu zahlen. Bis dahin sollte der Unterhaltsanspruch unabänderbar sein. Danach sollte im Abänderungsfall keine Bindung an die Grundlagen des Vergleichs bestehen.
Der Ehemann leistete bis Ende 2004 entsprechend dem Vergleich Zahlungen. Seit 1.1.2005 betrieb die Ehefrau die Zwangsvollstreckung gegen ihn.
Der Ehemann war seit 1994 wieder verheiratet. Aus dieser Ehe waren zwei zum Zeitpunkt des Verfahrens 6 und 11 Jahre alte Kinder hervorgegangen.
Die Ehefrau war gelernte Verkäuferin. In diesem Beruf war sie bis zur Insolvenz ihres Arbeitgebers Mitte 2006 über einen Zeitraum von 19 Jahren hinweg vollschichtig beschäftigt. Ab 1.7.2006 bezog sie vorübergehend Arbeitslosengeld. Seit August/September 2007 stand sie wieder in einem Beschäftigungsverhältnis, wobei der Vertrag einen Einsatz bis höchstens 100 Stunden monatlich vorsah und bis Ende 2008 befristet war.
Mit seiner Klage hat der Kläger für die Zeit ab 1.1.2005 geltend gemacht, der titulierte Unterhaltsanspruch sei - auch wenn sich dies auch nicht klar aus dem Wortlaut ergebe - für die Dauer von 10 Jahren zeitlich befristet. Seine geschiedene Frau habe durch die Ehe in ihrer beruflichen Entwicklung keinerlei Nachteile erlitten. Sie sei durchweg beschäftigt gewesen und arbeite nach wie vor als gelernte Einzelhandelskauffrau. Ohne die Ehe hätte sie keine andere berufliche Laufbahn eingeschlagen und auch höheres Einkommen nicht erzielt.
Die Beklagte erhob erstinstanzlich Widerklage, mit der sie von dem Kläger Auskunft über seine Einkünfte und eine entsprechende Abänderung des Vergleichs zu ihren Gunsten verlangte.
Das erstinstanzliche Gericht hat sowohl Klage als auch Widerklage abgewiesen.
Hiergegen legte der Kläger Berufung ein, die zu einem Teilerfolg führte.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Eine Reduzierung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten kam nach Auffassung des OLG nicht in Betracht. Allerdings sei unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F. bzw. (für die Zeit ab 1.1.2008) nach § 1578b Abs. 2 BGB bis zum 1.1.2011 zu begrenzen.
Die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch der Beklagten wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB hielt das OLG für nicht erfüllt. Insoweit fehle ersichtlich ein naher zeitlicher Zusammenhang zwischen der Scheidung und der behaupteten krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit.
Auch die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch gemäß § 1573 Abs. 1 BGB wegen Erwerbslosigkeit seien nicht gegeben, da die Beklagte nach der Scheidung über mehr als 10 Jahre eine angemessene Erwerbstätigkeit ausgeübt habe. Der Anspruch könne auch nicht auf § 1573 Abs. 4 BGB gestützt werden, da sie einer nachhaltig gesicherten Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Hiervon könne bereits nach einem Zeitraum von etwa 2 Jahren ausgegangen werden (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB 67. Aufl. § 1573 Rz. 28).
Hinsichtlich des danach weiterhin bestehenden Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB lasse sich nicht feststellen, dass dieser ggü. dem mit Vergleich vom 10.3.1994 titulierten Betrag (zuletzt i.H.v. 785,47 EUR monatlich) aufgrund veränderter Einkommens- und Vermögensverhältnisse herabzusetzen sei. Insoweit sei das Vorbringen des für eine Reduzierung darlegungs- und beweispflichtigen Klägers nicht hinreichend substantiiert.
Das Rechtsmittel führe jedoch zum Teilerfolg, weil der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach den hier zu beurteilenden Umständen bis Ende Dezember 2010 zu begrenzen sei.
Allein die Dauer der Ehe - hier ca. 20 Jahre - stehe einer Anwendung des § 1573 Abs. 5 BGB a.F. nicht entgegen. In diesem Zusammenhang habe der BGH in jüngster Zeit mehrfach entschieden, dass es einer geschiedenen Ehefrau zugemutet werden könne, sich nach einer Übergangszeit mit dem Einkommen zu begnügen, das sie ohne die Ehe durch eigene Erwerbstätigkeit habe und auch jetzt erziele. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Differenz zwischen dem eigenen Einkommen und dem Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen einen ehebedingten Nachteil darstelle, den es auch weiterhin auszugleichen gelte.
Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB biete keine - von ehebedingten Nachteilen unabhängige - Lebensstandardgarantie im Sinne einer fortwirkenden Mitverantwortung. Beruhe die nacheheliche Einkommensdifferenz darauf, dass die Ehegatten schon vor der Ehe infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, könne es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit zumutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begn...