Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Krankenunterhalt zu befristen ist.
Sachverhalt
Der Kläger nahm seine geschiedene Ehefrau aus übergegangenem und rückübertragenem Recht auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch. Das Verfahren wurde noch nach altem Recht geführt. Die Parteien hatten im Jahre 1979 geheiratet. Aus der Ehe waren vier in den Jahren 1981, 1985, 1987 und 1989 geborene Kinder hervorgegangen. Die Parteien trennten sich im Jahre 2003, das Scheidungsurteil wurde am 28.7.2005 rechtskräftig.
Die Ehefrau hatte sich während der Ehe zunächst um den Haushalt und die Kindererziehung gekümmert. Erst im Jahre 1999 nahm sie ein Hochschulstudium auf, das sie im Jahre 2003 als Diplom-Sozialpädagogin erfolgreich abschloss. Im Jahre 2003 nahm sie eine geringfügige Erwerbstätigkeit auf, die sie ab 2006 zu einer Vollzeittätigkeit ausweitete. Sie litt an tablettenpflichtiger Diabetes und war zu 30 % erwerbsgemindert.
Der Ehemann war während der Ehe durchgängig erwerbstätig. Er erkrankte jedoch an einer Depression und war bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung im Juli 2005 krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Seit Juni 2008 erhielt er eine Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. 569,16 EUR monatlich.
Die Parteien hatten noch ehebedingte Verbindlichkeiten i.H.v. 48.300,00 EUR, die alleine von der Ehefrau i.H.v. monatlich 40,00 EUR auf einen bereits gepfändeten Bausparvertrag zurückgeführt wurden.
Der Ehemann und Kläger nahm die Beklagte erstmals für die Zeit ab August 2008 auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch und begründete die erst zu diesem Zeitpunkt erfolgte Inanspruchnahme der Beklagten damit, dass er zwar einen Anwalt beauftragt habe, dieser jedoch nicht tätig geworden sei.
Erstinstanzlich wurde die Beklagte zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 282,25 EUR monatlich ab August 2008 verurteilt. Eine Befristung fand nicht statt.
Gegen das erstinstanzliche Urteil wandte sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage begehrte.
Das Rechtsmittel der Beklagten war erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG hob das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab. Ein Anspruch auf Krankenunterhalt gemäß § 1572 BGB bestehe dem Grunde nach. Die Beklagte sei i.H.v. 185,00 EUR bis Dezember 2008, i.H.v. 189,00 EUR bis Dezember 2009 und i.H.v. 233,00 EUR ab Januar 2010 leistungsfähig. Der Unterhaltsanspruch des Klägers sei jedoch bis Juli 2008 zu befristen, so dass ein Zahlungsanspruch nicht mehr bestehe.
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung gemäß § 1578b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB berücksichtigte das OLG zugunsten des Klägers zum einen die lange Ehedauer von fast 26 Jahren, zum anderen die erhöhte nacheheliche Solidarität sowie den Umstand, dass die Beklagte bislang nicht auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen worden war.
Für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs sprach nach Auffassung des OLG der Umstand, dass der Kläger durch die Ehe keinerlei Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit, für seinen Unterhalt zu sorgen, erlitten habe. Seit der Eheschließung habe er die Möglichkeit gehabt, sich beruflich seinen persönlichen Fähigkeiten und Neigungen entsprechend zu entfalten.
Im Übrigen sei seine Erkrankung nicht ehebedingt. Ferner komme die Beklagte für die ehebedingten gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten der Parteien alleine auf.
Das OLG führte in seiner Begründung für eine Befristung des Unterhaltsanspruchs weiter aus, dass die Beklagte in bescheidenen Verhältnissen lebe und ihr Einkommen unter durch Krankheit erschwerten Lebensumständen erziele. Im Hinblick darauf, dass der Kläger mehrere Jahre Unterhalt ihr ggü. nicht geltend gemacht habe, habe sie sich darauf einrichten dürfen, nicht mehr zur Zahlung nachehelichen Unterhalts herangezogen zu werden.
Eine Unterhaltsverpflichtung der Beklagten für die Zeit nach Juli 2008 würde daher nicht zu einem angemessenem Ausgleich der Risiken der mit einer Scheidung fehlgeschlagenen Lebensplanung führen, sondern im Gegenteil die Beklagte noch zusätzlich belasten, was insbesondere im Hinblick auf die eheliche Aufgabenverteilung als unbillig anzusehen wäre.
Das OLG hat die Zeit, in der die Beklagte nachehelichen Krankenunterhalt hätte zahlen müssen, auf drei Jahre von August 2005 bis Juli 2003 befristet. Bei der Bestimmung des Endtermins hat es dabei die Zeit, in der ein Unterhaltsanspruch zwar bestand, tatsächlich aber nicht geltend gemacht worden war, mit eingerechnet.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.03.2010, II-8 UF 165/09