Leitsatz
Die Parteien stritten über die Verpflichtung des Ehemannes zur Zahlung von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt an die Klägerin ab Juni 2005. Der Beklagte hatte eine Unterhaltsverpflichtung von monatlich 190,00 EUR zugestanden und diesen Betrag in der Vergangenheit regelmäßig gezahlt. Gegenstand des Rechtsstreits war lediglich die über die freiwilligen Zahlungen hinausgehende Unterhaltsverpflichtung.
Die Parteien hatten sich zum 1.12.2004 getrennt und waren rechtskräftig geschieden. Die gemeinsame Tochter befand sich seit August 2007 in Berufsausbildung. Der Beklagte leistete ihr Barunterhalt.
Die Klägerin hatte eine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war jedoch in ihrem Beruf zuletzt vor etwa 27 Jahren tätig. Während der Ehe ging sie keiner Erwerbstätigkeit nach. Von 1998 bis zur betriebsbedingten Kündigung zum 30.11.2005 arbeitete sie teilschichtig in einer Arztpraxis. Seither bezog sie Arbeitslosengeld und erzielte daneben Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung, die teilweise auf das Arbeitslosengeld angerechnet wurden.
Das erstinstanzliche Gericht hat der Klägerin von Juni 2005 bis zur Rechtskraft der Scheidung Trennungsunterhalt und für die Zeit danach nachehelichen Unterhalt gemäß den §§ 1571, 1573 BGB in unterschiedlicher Höhe zuerkannt.
Mit der Berufung erstrebte der Beklagte in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Abweisung des Unterhaltsbegehrens der Klägerin insgesamt bis März 2006 und eine Reduzierung seiner Unterhaltsverpflichtung für die Zeit darüber hinaus.
Die Klägerin verfolgte im Rahmen ihrer Anschlussberufung für die Zeit ab Juli 2007 die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages von monatlich 525,00 EUR über den freiwillig gezahlten Betrag von 190,00 EUR hinaus.
In der Sache hatten beide Rechtsmittel teilweise Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Beklagte schulde ab 27.4.2006 nachehelichen Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 1 und 2 BGB.
Zwar bestehe für die Klägerin grundsätzlich eine unterhaltsrechtliche Obliegenheit zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit. Aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse habe sie nach Ansicht des Gerichts jedoch keine reale Chance auf die Erlangung einer ihr zumutbaren vollschichtigen Tätigkeit. Bei Rechtskraft der Ehescheidung sei sie bereits 60 Jahre alt gewesen. In ihrem erlernten Beruf verfüge sie über keinerlei aktuelle Berufserfahrung. Für den bis November 2005 ausgeübten Beruf habe sie keine entsprechende Ausbildung. Unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktsituation im Herbst 2005 habe für die Klägerin daher keine Chance auf einen vollschichtigen Arbeitsplatz bestanden. Die seither zu verzeichnende Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt führe nicht zu einer günstigeren Prognose. Die Klägerin habe inzwischen das 60. Lebensjahr überschritten, was ihre Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt weiter einschränke.
Eine Begrenzung und/oder zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nach § 1578b BGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Die Klägerin habe dauerhaft ehebedingte Nachteile erlitten.
Die Parteien seien bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages mehr als 33 Jahre verheiratet gewesen. Die Klägerin habe zu Beginn der Ehe die Erwerbstätigkeit in ihrem erlernten Beruf aufgegeben und sich in der Folgezeit entsprechend der gemeinsamen Lebensplanung der Parteien die Erziehung der gemeinsamen Tochter und der Haushaltsführung gewidmet. Ein Wiedereinstieg in das Erwerbsleben sei erst im Jahre 1998 und nur im Umfang einer teilschichtigen Tätigkeit erfolgt. Eine Erwerbstätigkeit, die es ihr ermögliche, für ihren eigenen Unterhalt Sorge zu tragen, werde die nunmehr fast 62 Jahre alte Klägerin nicht mehr finden können. Auch die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs würden diese Nachteile nicht in vollem Umfang auffangen können.
Link zur Entscheidung
OLG Zweibrücken, Urteil vom 07.03.2008, 2 UF 113/07