Leitsatz
Das OLG Schleswig-Holstein hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen von einem Unterhaltsgläubiger die Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Ferner ging es um die Problematik der Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB.
Sachverhalt
Der Kläger begehrte die Abänderung eines Urteils aus dem Monat Januar 2007 mit dem Ziel festzustellen, dass er ab 1.1.2008 Geschiedenenunterhalt nicht mehr schulde. Hilfsweise wollte er den Unterhalt bis zum 31.12.2008 begrenzt wissen.
Zur Begründung stützte er sich darauf, dass die beiden zwischenzeitlich volljährigen gemeinsamen Kinder der Parteien nicht mehr in dem Haushalt ihrer Mutter lebten. Die Ehefrau war ausgebildete Grund- und Hauptschullehrerin für die Fächer Deutsch und Kunst. Ihr zweites Staatsexamen hatte sie im Herbst 1984 mit der Note Befriedigend abgelegt und war erstmals ab Frühjahr 2003 als Lehrerin tätig gewesen. Seither hatte sie ausschließlich an Grundschulen unterrichtet, wobei sie eine Festanstellung bislang nicht erhalten hatte.
Erstinstanzlich wurde die Klage abgewiesen.
Das Rechtsmittel des Klägers hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das Berufungsgericht sah ebenso wie das erstinstanzliche Gericht für das Abänderungsbegehren des Klägers keinen Raum.
Bei den Bewerbungsbemühungen der Beklagten sei ein Verstoß gegen ihre Obliegenheit zur Ausübung einer Vollzeittätigkeit nicht festzustellen. Das OLG stützte sich dabei im Wesentlichen auf eingeholte Auskünfte der Schulbehörden Schleswig-Holstein und Bremen, wonach die Beklagte dort keine Vollzeitstelle erhalten hätte. Auch ihre Chancen zu einer 3/4-schichtigen Stelle in Hamburg hielt das OLG für nicht Erfolg versprechend. Im Hinblick auf das Alter der Beklagten von fast 50 Jahren und den Umstand, dass sie bis Mai 2003 nicht als Lehrerin tätig gewesen sei, seien ihre Chancen insoweit schlecht. Zugute gehalten wurde ihr außerdem, dass sie aufgrund ihrer bislang befristeten Verträge in Schleswig-Holstein sich eine relativ gesicherte Position aufgebaut habe, was sich daraus zeige, dass derzeit im Ministerium für Bildung und Frauen die Übernahme in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis - wenn auch nur in teilschichtigem Umfang - geprüft werde. Die Beklagte grenze sich damit von anderen Erwerbspflichtigen ab, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen würden. Während diese sich auch räumlich sehr weit bewerben müssten, gelte dies für die Beklagte mit Blick auf ihre bereits relativ gesicherte berufliche Position nicht. Bewerbungen an anderen Schulen, insbesondere Privatschulen, kämen im Übrigen schon deswegen nicht in Betracht, da sie die hierfür ausnahmslos erforderlichen Qualifikationen nicht habe.
Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB wurde vom OLG abgelehnt, da aufseiten der Beklagten unverändert ehebedingte Nachteile beständen. Trotz der Tatsache, dass sie ein eher durchschnittliches Examen abgelegt habe, sei zu berücksichtigen, dass sie ohne die Eheschließung und Kinderbetreuung sich unmittelbar nach dem Examen längerfristig und eine Lehrerstelle hätte bemühen können. Ihr ehebedingter Nachteil bestehe darin, dass sie auch unter Anrechnung von fiktiven Nebeneinkünften kein Einkommen erziele, dass dem einer Vollzeit tätigen Lehrerin entspreche. Es sei nicht ersichtlich, ob und wann die Beklagte eine unbefristete Vollzeitstelle antreten könne.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 04.03.2009, 15 UF 86/08