Leitsatz

"Begegnungsstätte für Senioren" in einem Teileigentum ist im Rahmen der Zweckbestimmung "Gewerbeeinheit" grds. zulässig

 

Normenkette

§§ 13 Abs. 1, 14 Nr. 1, 15 WEG; § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB

 

Kommentar

  1. Der Betrieb einer Begegnungsstätte für Senioren (mit Öffnung an 5 Wochentagen zwischen 12 Uhr und 14 Uhr für Publikum) durch einen gemeinnützigen Verein überschreitet nicht den mit der Zweckbestimmung "Gewerbeeinheit" für das Teileigentum eröffneten Nutzungsrahmen. Stimmen die Benutzungsregelungen in Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung und Aufteilungsplan nicht überein, geht grds. die "schuldrechtliche"Gemeinschaftsordnung der "sachenrechtlichen" Teilungserklärung vor (vgl. BayObLG v. 9.2.2005, 2Z BR 227/04 m.w.N.). Raumbezeichnungen in Aufteilungsplänen sind i. Ü. in der Regel nur Nutzungsvorschläge (h.M.). Was die Nutzung zweckbestimmter gewerblicher Räume als Tagesstätte mit Kontakt- und Informationsstellenfunktion für einen bestimmten Personenkreis betrifft, spielt es keine Rolle, ob bei einer solchen Nutzung die Absicht zur Gewinnerzielung im Vordergrund steht oder nicht. Entscheidend ist auch nicht, ob ein Gewerbe oder eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt wird, da es allein auf Störungsintensitäten ankommt.

    2. Der Nutzung eines Teileigentums auch als gaststättenähnliche Einrichtung über die Mittagszeit steht der Zweckbestimmung "Gewerbeeinheit" nicht entgegen, weil dieses sogar die Führung einer "echten" Gaststätte erlaubt.

    3. Von einer solchen Teileigentumseinheit und deren Einrichtungen ausgehende Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen können nur dann einen Unterlassungsanspruch der Miteigentümer begründen, wenn die Beeinträchtigungen stärker sind als im Fall des – hinzunehmenden Betriebs einer Gaststätte. Was diese Immissionen betrifft, beurteilen sich die Grenzen nicht unmittelbar nach den §§ 906 ff. BGB, sondern nach den Sondervorschriften in den §§ 14 und 15 WEG (h.M.). Mit anderen Worten hat jeder Eigentümer die bei einer bestimmungsgemäßen Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentum entstehenden Gerüche und Geräusche grds. zu dulden. Auch bei einer Gaststätte können Küchengerüche nicht gänzlich vermieden werden; sollten sie außerhalb des Sondereigentums verstärkt auftreten, müssen sie allerdings ggf. durch eine Dunstabzugshaube mit Filter auf ein verträgliches Maß verringert werden.

    4. Was behauptete Geruchsbelästigungen betrifft, konnten diese jedenfalls anlässlich des Ortstermins durch das Erstbeschwerdegericht nicht festgestellt werden, obgleich an diesem Tag Eintopf und damit eine geruchsintensive Speise gekocht wurde.

    Zur weiteren Abklärung der Häufigkeit, Dauer, Intensität und Eigenart der Geruchswirkung sowie betroffener Tageszeit wurde der Streit in diesem Punkt an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf v. 6.5.2008, I-3 Wx 162/07

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