Leitsatz (amtlich)
1. Der Betrieb einer Begegnungsstätte für Senioren (Öffnung an 5 Wochentagen zwischen 12 Uhr und 14 Uhr für Publikum) durch einen gemeinnützigen Verein überschreitet nicht den mit der Zweckbestimmung "Gewerbeeinheit" für das Teileigentum eröffneten Nutzungsrahmen.
2. Der Nutzung des Teileigentums als gaststättenähnliche Einrichtung über die Mittagszeit steht die Zweckbestimmung "Gewerbeeinheit" nicht entgegen, weil diese sogar die Führung einer "echten" Gaststätte erlaubt.
3. Von der Einrichtung ausgehende Geruchsbeeinträchtigungen können nur dann einen Unterlassungsanspruch der Miteigentümer begründen, wenn die Geruchsbeeinträchtigungen die im Falle des Betreibens einer Gaststätte hinzunehmenden überschreiten.
Normenkette
WEG § 13 Abs. 1, § 14 Nr. 1 2. Fall, § 15; BGB § 1004 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 19 T 19/06) |
AG Neuss (Aktenzeichen 72 II 99/05) |
Tenor
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird die angefochtene Entscheidung insoweit aufgehoben, wie das Beschwerdegericht den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen hat, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die durch die Nutzung der Sondereigentumseinheit Nr. 5 als Esslokal verursachte Geruchsbelästigung unterlassen wird. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des dritten Rechtszuges, an das LG zurückverwiesen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt; hiervon entfallen auf den der Aufhebung und Zurückverweisung unterliegenden Teil 2.000 EUR.
Gründe
I. Die Teileigentumseinheit Nr. 5 der vorliegenden Wohnungseigentumsanlage wurde bis Mitte 2004 als Ladenlokal genutzt. Seitdem betreibt dort ein Mieter der Antragsgegnerin, ein gemeinnütziger Verein, eine von ihm als Begegnungsstätte für ältere Menschen mit Mittagstisch bezeichnete Einrichtung. Durch deren Betrieb sieht sich die Antragstellerin Geruchs- und Lärmbelästigungen ausgesetzt.
Die Antragstellerin beantragt in erster Linie, die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, die Sondereigentumseinheit Nr. 5 als Gaststätte bzw. Esslokal zu nutzen bzw. nutzen zu lassen, sowie hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die durch die Nutzung der Sondereigentumseinheit Nr. 5 als Esslokal verursachte Geruchs- und Lärmbelästigung unterlassen wird, äußerst hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eines Restaurants einzuhalten.
Diese Anträge sind in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben.
Gegen die ihr Rechtsmittel gegen die Antragsabweisung durch das AG zurückweisende Entscheidung des Beschwerdegerichts wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegen tritt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
II. Die gem. §§ 62 Abs. 1 WEG, 45 Abs. 1 WEG a.F., §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist in der Sache überwiegend unbegründet; lediglich zu einem geringen Teil hat sie jedenfalls vorläufig Erfolg.
1. Die Zurückweisung des Hauptantrages durch das LG hält rechtlicher Überprüfung i.S.d. §§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO Stand.
Zu Recht hat das Beschwerdegericht einen Anspruch der Antragstellerin auf Unterlassung der gegenwärtigen Nutzung des Teileigentums der Antragsgegnerin gem. §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, 15 Abs. 3 WEG verneint.
Zwar besteht für dieses Unterlassungsbegehren ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin. Die Nutzungsuntersagung ist nicht Gegenstand einer Eigentümerversammlung gewesen. Dies steht einem Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin aber zumindest deshalb nicht entgegen, weil sie vor Einleitung des hiesigen Verfahrens um die Einberufung einer derartigen Versammlung zum Zwecke der Beschlussfassung "über die Zulässigkeit der Vermietung des Teileigentums" angetragen (Schreiben vom 6.10.2004) und der Verwalter hierauf (mit Schreiben vom 19.10.2004) die Befassung einer Eigentümerversammlung mit diesem Tagesordnungspunkt abgelehnt hatte.
In der Sache jedoch kann jeder Wohnungseigentümer mit den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegen stehen, § 13 Abs. 1 WEG. Derartige entgegenstehende Rechte Dritter können sich namentlich aus Gebrauchsregelungen der Eigentümer i.S.d. § 15 Abs. 1 WEG ergeben, und hierbei kommen Vereinbarungen gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG, damit auch in einer Teilungserklärung getroffene Regelungen (§§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 Satz 1 WEG) in Betracht. Ein Fall solcher Regelungen sind Zweckbestimmungen mit Vereinbarungscharakter. Liegen sie vor, darf ein Sondereigentum grundsätzlich nur im Rahmen der Zweckbestimmung genutzt werden; eine andere Nutzung ist nur dann zulässig, wenn sie der Zweckbestimmung nicht widerspricht und für die übrigen Eigentümer nach einer typisierenden Betrachtungsweise ke...