Leitsatz

Gegenstand der Entscheidung des OLG Celle war die Frage, nach welchen Kriterien sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt und unter welchen Voraussetzungen eine Herabsetzung oder Befristung in Betracht kommt.

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin verlangte Aufstockungsunterhalt und beantragte für die von ihr beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe. Ihr Antrag wurde erstinstanzlich mit der Begründung zurückgewiesen, sie sei in der Lage, ihren angemessenen Lebensbedarf durch eigene Einkünfte zu bestreiten. Zwei Jahre nach der Trennung bestehe keine nachwirkende Mitverantwortung des wirtschaftlich stärkeren Antragsgegners mehr für ihren Unterhalt.

Die hiergegen von der Antragstellerin eingelegte sofortige Beschwerde war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG Celle hat den erstinstanzlichen Beschluss aufgehoben und die Angelegenheit zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

In seiner Entscheidung hat es ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Unterhaltsrechtsreformgesetz den Unterhaltstatbestand des Aufstockungsunterhalts nicht abgeschafft hat. Wenn ein Ehegatte - wie im vorliegenden Fall - durch eine der eigenen beruflichen Qualifikation entsprechende angemessene Erwerbstätigkeit seinen nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalt nicht decken könne, könne ihm ein nachehelicher Aufstockungsunterhalt nicht bereits unter Hinweis auf das Prinzip der Eigenverantwortung versagt werden.

Da sich das AG - aus seiner Sicht folgerichtig - mit der Bedürftigkeit der Antragstellerin nicht auseinandergesetzt habe, sei die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren wies das OLG Celle darauf hin, dass nach § 1578b BGB der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten herabzusetzen oder zu befristen sei, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs und/oder dessen zeitlich unbegrenzte Zubilligung auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe für den Berechtigten Erwerbsnachteile eingetreten seien, solche Nachteile könnten sich vor allem - wenn auch nicht ausschließlich - aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Das OLG verwies insoweit auf die Rechtsprechung des BGH, wonach die Ehedauer nicht mehr entscheidend, sondern vielmehr tatsächlich eingetretene ehebedingte Nachteile (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2007 - XII ZR 15/05, FamRZ 2007, 2052 [2053]; v. 14.11.2007 - XII ZR 16/07, FamRZ 2008, 134, 135 = BGHZ 174, 195).

Schon nach altem Recht habe der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB keine von ehebedingten Nachteilen unabhängige Lebensstandardgarantie geboten. Sei die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen, dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hätten, sei es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit in der Regel zuzumuten, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte.

Gerade bei Ehegatten ohne Berufsausbildung oder einer geringen beruflichen Qualifikation werde ein ehebedingter Nachteil kaum nachweisbar sein.

Selbst bei langer Ehedauer werde der Unterhaltsanspruch mit dem Argument der wirtschaftlichen Verpflichtung und dem Vertrauen, dauerhaft versorgt zu sein, nur noch für eine Übergangszeit zuzusprechen sein. Abwägungskriterien hierfür seien das Alter des Unterhaltsberechtigten, die Einkommensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten, die Länge des Zeitraums, in dem bereits Trennungsunterhalt gezahlt wurde sowie die beiderseitigen Vermögensverhältnisse.

Eine über den Ablauf der Übergangsfrist hinausgehende Fortzahlung eines nachehelichen Unterhalts komme allenfalls dann in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte mit den seinem vorehelichen Lebensstandard entsprechenden Erwerbseinkünften voraussichtlich nicht einmal den eigenen angemessenen Selbstbehalt von derzeit 1.000,00 EUR nachhaltig decken könne.

 

Hinweis

Der Beschluss des OLG folgt mit seiner Argumentation zur Befristung und Begrenzung des Aufstockungsunterhalts nach § 1578b BGB der bisherigen Rechtsprechung des BGH zu den §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1, 2 BGB.

Für den unterhaltsberechtigten Ehegatten wird es tatsächlich in der Praxis nach der seit dem 1.1.2008 geltenden Rechtslage wesentlich problematischer werden, nachehelichen Unterhalt unbegrenzt und unbefristet zu realisieren. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte muss detailliert darlegen, dass und wo er in seiner Erwerbsbiographie ehebedingte Nachteile erlitten hat. Nur wenn ihm dies...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge