Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzung des Aufstockungsunterhalts nach neuem Unterhaltsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Begrenzung des Aufstockungsunterhalts nach neuem Unterhaltsrecht.
2. Ist die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen, dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, ist es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit in der Regel zuzumuten, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte.
Normenkette
BGB §§ 1578b, 1573 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Celle (Beschluss vom 22.04.2008; Aktenzeichen 23 F 23004/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Celle vom 22.4.2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Gründe
I. Die gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Das AG konnte der Antragstellerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung verweigern, dass die Antragstellerin in der Lage sei, ihren angemessenen Lebensbedarf durch eigene Erwerbseinkünfte zu bestreiten und deshalb zwei Jahre nach der Trennung eine nachwirkende Mitverantwortung des wirtschaftlich stärkeren Antragsgegners für ihren Unterhalt nicht mehr bestehe. Nach § 1569 BGB obliegt es zwar jedem Ehegatten, nach der Scheidung selbst für seinen Unterhalt zu sorgen; nur wenn oder soweit er dazu außerstande ist, hat er einen Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt gem. §§ 1570 ff. BGB. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich aber grundsätzlich weiter nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) und das Unterhaltsrechtsreformgesetz hat den Unterhaltstatbestand des Aufstockungsunterhalts (§ 1573 Abs. 2 BGB) keineswegs abgeschafft. Wenn ein Ehegatte - wie es hier unzweifelhaft der Fall ist - durch eine der eigenen beruflichen Qualifikation entsprechende angemessene Erwerbstätigkeit seinen nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalt nicht zu decken vermag, kann ihm ein nachehelicher Aufstockungsunterhalt nicht bereits unter Hinweis auf das Prinzip der Eigenverantwortung versagt werden.
Bereits aus diesem Grunde konnte die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Da sich das AG - aus seiner Sicht folgerichtig - bislang nicht mit der Bedürftigkeit der Antragstellerin befasst hat, war die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückzuverweisen.
II. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf das Folgende hin:
1. Nach § 1578b BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten herabzusetzen oder zu befristen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs und/oder dessen zeitlich unbegrenzte Zubilligung auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe für den Berechtigten Erwerbsnachteile eingetreten sind; solche Nachteile können sich vor allem - aber nicht ausschließlich - aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
Der BGH hat bereits in seiner Rechtsprechung zu § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.) im Hinblick auf die Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abgestellt, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen könnte, als Folge eines ehebedingten Nachteils darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen kann (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2007 - XII ZR 15/05, FamRZ 2007, 2052 [2053]; v. 14.11.2007 - XII ZR 16/07, FamRZ 2008, 134, 135 = BGHZ 174, 195). Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB bot deshalb schon nach altem Recht keine von ehebedingten Nachteilen unabhängige Lebensstandardgarantie mehr. Ist die nacheheliche Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen, dass beide Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, ist es dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit in der Regel zuzumuten, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hätte.
2. Der bisherige Sach- und Streitstand bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragstellerin gerade durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung Erwerbsnachteile entstanden sind.
Die Antragstellerin verfügte nac...