Der BFH teilt die Auffassung des FG. Es fehlt an der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen. Denn sie beruhten nicht vorrangig auf der Krankheit bzw. Behinderung der X, sondern sind Folge ihres frei gewählten Freizeitverhaltens.
Sinn und Zweck des § 33 EStG
Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die wegen ihrer Außergewöhnlichkeit in Höhe des Existenzminimums nicht bereits durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (BFH, Urteil v. 26.6.2014, VI R 51/13, BStBl II 2015 S. 9). Deshalb stellen die §§ 33, 33a und 33b EStG auch nur atypische Aufwendungen steuerfrei (BFH, Beschluss v. 2.6.2015, VI R 30/14, BStBl II 2015 S. 775).
Zwangsläufigkeit der Aufwendungen
Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die aufgeführten Gründe der Zwangsläufigkeit (rechtliche, tatsächliche, sittliche Gründe) von außen auf die Entschließung des Steuerpflichtigen in einer Weise einwirken, dass er ihnen nicht ausweichen kann (BFH, Beschluss v. 2.6.2015, VI R 30/14, BStBl II 2015 S. 775, Rz. 15). Eine tatsächliche Zwangslage – die im Streitfall allein in Betracht kommt – in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige keine tatsächliche Entschließungsfreiheit hat, kann nur durch ein unausweichliches Ereignis tatsächlicher Art begründet werden, nicht durch eine vom Willen beeinflusste Situation (BFH, Urteil v. 17.7.2014, VI R 42/13, BStBl II 2014 S. 931, Rz. 13).
Zwangsläufige Umbaumaßnahmen
Bei Umbaumaßnahmen hat der BFH die Zwangsläufigkeit anerkannt, wenn die Aufwendungen geleistet wurden, um den existenznotwendigen Wohnbedarf zu befriedigen (BFH, Urteil v. 21.4.2010, VI R 62/08, BStBl II 2010 S. 965) oder z. B. Gesundheitsgefahren zu beseitigen (BFH, Urteil v. 29.3.2012, VI R 47/10, BStBl II 2012 S. 570). Demgegenüber wurden Aufwendungen für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows (BFH, Urteil v. 17.7.2014, VI R 42/13, BStBl II 2014 S. 931) und für den behinderungsbedingten Umbau einer Motoryacht (BFH, Beschluss v. 2.6.2015, VI R 30/14, BStBl II 2015 S. 775) nicht als zwangsläufigen Mehraufwand für den existenznotwendigen Wohn- bzw. Grundbedarf anerkannt, da diese Aufwendungen in erster Linie Folge eines freien Konsumverhaltens sind.
Behindertengerechte Gartengestaltung ist nicht zwangsläufig
Hiervon ausgehend war der Gartenumbau für die Eheleute nicht zwangsläufig. Die Umbaumaßnahme war zwar eine Folge der Verschlechterung des Gesundheitszustands der X. Sie war jedoch nicht gezwungen, derartige Konsumaufwendungen zu tragen. Die Umbaukosten standen vielmehr in ihrem Belieben. Sie sind nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern – anders als die krankheits- oder behindertengerechte Ausgestaltung des individuellen (existenznotwendigen) Wohnumfelds (BFH, Urteil v. 29.3.2012, VI R 70/10, BStBl II 2012 S. 572) – in erster Linie Folge eines frei gewählten Freizeit-/Konsumverhaltens.
Hinweis: Bescheidänderung während des Verfahrens
Obwohl die Revision somit in der Sache erfolglos war, musste der BFH gleichwohl das (klageabweisende) FG-Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufheben. Denn das FG hat über den ESt-Bescheid für 2016 in der Fassung der Einspruchsentscheidung von 2018 entschieden. An dessen Stelle ist jedoch der vom FA während des Revisionsverfahrens in 2020 erlassene Bescheid getreten. Dieser Bescheid wurde nach § 121 Satz 1 FGO i. V. m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens. Damit lag dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde. Das angefochtene Urteil war damit gegenstandslos geworden und aufzuheben (BFH, Urteil v. 13.8.2020, VI R 27/18, BStBl II 2021 S. 86). Da sich durch die Bescheidänderung jedoch im Streitpunkt keine Änderungen ergaben, konnte der BFH – ohne Zurückverweisung an das FG – im Revisionsverfahren in der Sache selbst entscheiden.
Behindertengerechter Zugang zum Garten
Das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es im Streitfall nicht um die Schaffung eines behindertengerechten Zugangs zum Garten ging. Derartige Aufwendungen betreffen die Nutzung des Wohngebäudes und den existenznotwendigen Bedarf. Anders ist es, wenn es – wie im Streitfall – um die Ermöglichung einer bestimmten Art der Gartennutzung geht.