Leitsatz
Ein im Jahre 2005 geborenes Kind befand sich seit Dezember 2006 mit Zustimmung der Eltern in einer sog. Kurzpflegestelle, weil der Vater berufstätig ist und die Mutter an einer drogenindizierten Psychoseerkrankung litt. Bis August hatten die Eltern von Samstag 10.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr Umgang mit ihrer Tochter. Danach alle 14 Tage eine Stunde vormittags begleiteten Umgang.
Das Jugendamt beabsichtigte, das Kind in einer Langzeitpflegestelle unterzubringen. Dem haben die Eltern widersprochen und eine Herausgabe des Kindes beantragt. Das Jugendamt hat die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich beantragt und Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses zum Umgangsrecht beantragt.
Das AG sah keine Veranlassung für die Aussetzung der Vollziehung. Diese Auffassung wurde vom OLG geteilt.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Ebenso wie das AG sah auch das OLG keine Veranlassung, den Umgang zwischen den Eltern und ihrem Kind ab sofort zu unterbinden. Es ergäbe sich keine ausreichende Begründung dafür, warum das Wohl des Kindes gefährdet sein solle, wenn es alle 14 Tage seine Eltern für mehrere Stunden sehe. Auch die angestrebte Langzeitpflege nötige nicht zu einer solchen Entscheidung, zumal damit keine Entscheidung über die Ausübung des Umgangsrechts auf Dauer verbunden sei.
Das OLG sah sich veranlasst, darauf hinzuweisen, dass das Jugendamt offenbar wie selbstverständlich davon ausgehe, dass eine Rückführung des Kindes in seine Herkunftsfamilie von selbst gesetzten Bedingungen abhängig gemacht werden könne. Der EuGH habe hierzu in seiner Entscheidung vom 26.2.2004 (FamRZ 2004, 14456) ausgeführt, dass nach erfolgter staatlicher Inobhutnahme ein strengerer Prüfungsmaßstab bei jeglichen weiteren Beschränkungen anzulegen sei. Dies gelte z.B. bei Einschränkungen des Sorge- und Umgangsrechts der Eltern und bei gesetzlichen Vorkehrungen zur Gewährleistung eines effektiven Schutzes der Rechte von Eltern und Kindern auf Achtung ihres Familienlebens. Solche weitergehenden Beschränkungen beinhalteten die Gefahr, dass familiäre Beziehungen zwischen den Eltern und einem kleinen Kind endgültig abgebrochen würden.
Die Inpflegenahme eines Kindes stelle grundsätzlich eine vorübergehende Maßnahme dar, die zu beenden sei, sobald die Umstände dies erlauben. Alle Durchführungsmaßnahmen hätten mit dem anzustrebenden Ziel der Zusammenführung von leiblichen Eltern und ihrem Kind in Einklang zu stehen (vgl.: Johansen/Norwegen, a.a.O., E. B./Italien, Urt. v. 16.11.1999 - Beschwerde Nr. 31127/96, Ziff. 69).
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2007, 16 WF 193/07