Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 27 WEG
Kommentar
Dem Verwalter einer Eigentumswohnanlage kann im Anschluss an den Auftrag, eine Statikprüfung der Hausfassade zu vergeben und darüber schriftlichen Nachweis bei der Behörde vorzulegen, auch durch Ordnungsverfügung (hier: Zwangsgeldfestsetzungsverfügung) aufgegeben werden, am Gemeinschaftseigentum diejenigen lnstandsetzungsmaßnahmen vornehmen zu lassen, welche zur Beseitigung der Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die vom Zustand der gemeinschaftlichen Teile der Wohnanlage ausgeht, erforderlich sind. Wird jemand als Störer in Anspruch genommen, ohne tatsächlich Störer zu sein, ist die Inanspruchnahme i.d.R. rechtswidrig, jedoch nicht nichtig; ein derartiger Fehler wäre weder besonders schwerwiegend noch offenkundig. Damit ist auch die hier ausgesprochene Ordnungsverfügung nicht nichtig, da die Erfüllung auch dem Verwalter nicht unmöglich ist.
Ein Verwalter ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG verpflichtet, die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Hierzu kann (wie im vorliegenden Fall) auch die Einholung eines Gutachtens darüber gehören, ob eine Fassade noch standsicher ist bzw. mit welchen Maßnahmen sie wieder standsicher gemacht werden kann. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG verleiht dem Verwalter ein eigenes, selbstständiges Recht, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wozu auch außergewöhnliche Reparaturen größeren Umfanges gehören. Er kann sie im eigenen Namen vergeben und aus der lnstandsetzungsrücklage bezahlen, notfalls kann er eine Sonderumlage erheben.
Kann der Verwalter einen solchen Auftrag im eigenen Namen vergeben, muss er (ohne gemeinschaftliche Mittel hierfür einsetzen zu können) persönlich für die dadurch entstehenden Kosten haften, was sich aus dem Umstand ergibt, dass er den Auftrag im eigenen Namen erteilt. Aus dieser Eigenverpflichtung und Handlungsbefugnis ergibt sich auch, dass er als Störer in Anspruch genommen werden kann (vgl. VGH Mannheim, NJW 1974, 74).
Eine Bauaufsichtsbehörde kann allerdings nur Maßnahmen zur Beseitigung oder zum Abstellen baurechtswidriger Zustände treffen, nicht jedoch einem Bauherrn aufgeben, ein Gutachten darüber erstellen zu lassen, ob hier sein Bau noch standsicher sei oder nicht. Aber auch ein solcher Mangel einer Ordnungsverfügung sei weder besonders schwerwiegend noch offenkundig, so dass auch er nicht die Nichtigkeit einer solchen Verfügung zur Folge habe.
Link zur Entscheidung
( OVG für das Land NRW, Beschluss vom 03.03.1994, 11 B 2566/93= WM 9/1994, 507)
ZuGruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Eine wohnungseigentümerrechtlich aus meiner Sicht völlig verfehlte Entscheidung mit nicht vertretbaren Begründungspassagen! Da der Verwalter grundsätzlich auch im Rahmen seiner zwingenden Pflichten gemäß § 27 WEG nach wohl h.M. in gesetzlicher rechtsgeschäftlicher Vertretung handelt, müssten jegliche bauaufsichtlichen behördlichen Verfügungen primär an die gesamte Gemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, gerichtet und adressiert werden. Unmittelbarer Störer kann im öffentlich-rechtlichen Sinne hier auch nicht der Verwalter sein, sondern die von ihm vertretene Gesamtgemeinschaft, bestehend aus allen Eigentümern zum Zeitpunkt des Erlasses behördlicher Verfügungen. Zu möglichen Eil- oder Nothandlungen ist sicher jeder Verwalter im Rahmen der Regelungen des § 27 WEG verpflichtet, nicht allerdings zum Handeln im eigenen Namen. Er kann auch nicht eigenständig "Sonderumlagen erheben". Sicher kann man darüber streiten, ob dem entgegenstehende Verfügungen nur anfechtbar oder gar nichtig sind. Eine persönliche Haftung eines Verwalters in diesem Zusammenhang anzunehmen und ihn als Störer aufgrund seiner (vertretungsweisen) Handlungsbefugnis zu bezeichnen, halte ich jedoch für verfehlt, ebenso die Äußerung des Gerichts, dass der Inanspruchnahme des Verwalters als ordnungspflichtiger Person nicht entgegenstehe, dass er erforderliche Aufträge in eigenem Namen zu vergeben hätte und gegenüber den Wohnungseigentümern auf Erstattungsansprüche zu verweisen und angewiesen sei (!). Verwalterhandeln im eigenen Namen setzt wohnungseigentumsrechtlich grundsätzlich neben eigener Bereitschaft entsprechende vertrauliche oder beschlussweise Ermächtigung der Eigentümer voraus.