Leitsatz
Hat der Nachlasspfleger eine Überschuldung des Nachlasses in substantiierter und nachvollziehbarer Form dargelegt, liegt bereits ein zulässiger Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor, ohne dass eine Schlüssigkeit im technischen Sinne vorliegen muss. Da in diesem Fall die Schwelle vom Zulassungs- zum Eröffnungsverfahren bereits überschritten ist, muss das InsG den Sachverhalt gegebenenfalls in Ausübung der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht eigenständig aufklären.
Sachverhalt
Der Nachlasspfleger hat Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Überschuldung des Nachlasses gestellt. Die Verbindlichkeiten des Erblassers bei drei Kreditinstituten belaufen sich auf über 37.000 EUR, während der Nachlass lediglich aus drei älteren Kfz. besteht, für die abzüglich Verwertungskosten kaum ein Erlös zu erzielen war. Das InsG lehnte die Eröffnung ab mit der Begründung, es fehle an einem hinreichend dargetanen Eröffnungsgrund und insbesondere einer Darstellung der beruflichen und persönlichen Lebensumstände des Erblassers in den letzten Jahren.
Entscheidung
Die gegen die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde durch das LG gerichtete Rechtsbschwerde ist gem. §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 ZPO statthaft und begründet. Zur Darlegung eines Eröffnungsgrundes i.S.d. §§ 17 f. InsO genügt die Mitteilung von entsprechenden Tatsachen in substantiierter und nachvollziehbarer Form, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 4 InsO. Der Antragsteller ist gem. § 317 InsO antragsberechtigt. Es gehört zu seinen Pflichten als Nachlasspfleger, den Nachlass zu erhalten und zu verwalten und die Vermögensinteressen der noch festzustellenden Erben wahrzunehmen. Dabei musste er sich einen allgemeinen Eindruck über die näheren Lebens- und Einkommensverhältnisse des Erblassers verschaffen.
Wenn der Nachlasspfleger nunmehr hinreichend darlegt, dass der Erblasser abzüglich des von seiner Ehefrau übernommenen Hausrates über keine nennenswerten Vermögensgegenstände mehr verfügt, so genügt dies den Anforderungen. Zudem ergibt sich aus der Nachlassakte, dass die bisher bekannten Erben die Erbschaft bereits ausgeschlagen haben, was ein deutliches Anzeichen für die Überschuldung des Nachlasses ist.
Damit war hier die Schwelle vom Zulassungsverfahren zum Eröffnungsverfahren bereits überschritten, so dass das InsG im Rahmen der Amtsermittlung hätte tätig werden müssen, wenn es von den Voraussetzungen eines Eröffnungsgrundes noch nicht hinreichend überzeugt war. Hierzu hat es die Mittel des § 20 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 97, 98, 101 InsO zur Verfügung. Die Sache wurde daher in die erste Instanz zurückverwiesen.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 12.07.2007, IX ZB 82/04