Leitsatz

Getrennt lebende Eltern stritten um Details des väterlichen Umgangs mit den beiden knapp zwei und fünf Jahre alten gemeinsamen Kindern, die in dem Haushalt ihrer Mutter lebten.

In dem gerichtlichen Verfahren zur Ausgestaltung des Umgangsrechts des Vaters beantragte die Kindesmutter Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihres Rechtsanwalts. VKH wurde bewilligt, die Beiordnung eines Anwalts im Hinblick auf das Fehlen tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten jedoch abgelehnt. Das KG hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Verfahren erforderlich ist, in denen anwaltliche Vertretung nicht vorgeschrieben ist.

 

Sachverhalt

Die seit Juni 2009 getrennt lebenden Eltern von zwei eindreiviertel und fünf Jahre alten Kindern stritten um Details des väterlichen Umgangs mit ihnen. Im Grundsatz waren sie sich einig, dass der Umgang alle zwei Wochen stattfinden sollte.

Die Mutter hatte bereits im Zusammenhang mit Unterhaltsfragen einen Rechtsanwalt beauftragt, der ihr riet, den Umgang bis zur Klärung der stritten Frage zum Umgangsrecht auszusetzen. Daraufhin ließ der Vater sein Umgangsrecht ggü. der Mutter durch einen Rechtsanwalt vorgerichtlich geltend machen. Eine Einigung kam nicht zustande.

Hierauf beantragte der Vater, anwaltlich vertreten, beim FamG eine Regelung des Umgangs. Das AG ordnete das beschleunigte Verfahren an. In dem anberaumten Termin schlossen die Parteien eine gerichtlich genehmigte Umgangsvereinbarung.

Das AG bewilligte der Mutter Verfahrenskostenhilfe, verweigerte jedoch die Beiordnung ihres Rechtsanwalts mit der Begründung, tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten seien nicht ersichtlich. Für schriftliche Äußerungen hätte die Mutter sich der Rechtsantragsstelle bedienen können.

Gegen die Verweigerung der Beiordnung richtete sich die sofortige Beschwerde der Mutter. Ihr Rechtsmittel hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Das KG hielt die Voraussetzungen einer Beiordnung für gegeben.

Gemäß § 78 Abs. 2 FamFG sei in Verfahren, in denen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben sei - wie im vorliegenden Fall - ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage anwaltliche Vertretung erforderlich erscheine. Dies beurteile sich nach den Umständen des Einzelfalls. Entscheidend sei, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BGH, Beschl. v. 18.2.2009 - XII ZR 137/08, NJW-RR 2009, 794 = FamRZ 2009, 857). Von Bedeutung sei ferner die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (BVerfG NJW-RR 2007, 1713; vgl. auch BVerfGE 63, 380, 394).

Die Feststellung der Erforderlichkeit im Einzelfall setze eine konkrete, an den objektiven wie subjektiven Gegebenheiten des konkreten Falls orientierte Notwendigkeitsprüfung voraus.

Das KG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass allein der Umstand, dass die Gegenseite durch einen Rechtsanwalt vertreten werde, nach § 78 Abs. 2 FamFG - anders als nach § 121 Abs. 2 ZPO - nicht ohne weiteres die Notwendigkeit der Beiordnung eines Anwalts begründe, sondern lediglich nahe legen könne.

In Umgangsstreitigkeiten werde eine schwierige Sach- und Rechtslage häufig nicht vorliegen, wenn es lediglich um die weitere Ausgestaltung eines bereits durch gerichtliche Entscheidung geregelten Umgangs zwischen minderjährigen Kindern und dem nicht betreuenden Elternteil gehe. Ebenso könne es liegen, wenn die Parteien sich im Grundsatz über das Umgangsrecht einig seien und es lediglich um den Streit der Ausgestaltung in Einzelfragen gehe.

Letztendlich komme es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Im vorliegen Fall seien die Parteien im Grundsatz über den Umgang einig und es gehe eher um einfache Fragen der Ausgestaltung im Einzelnen. Die Klärung solcher Fragen sollten die Parteien eigentlich eigenständig herbeiführen können, nötigenfalls unter Vermittlung des Jugendamts. Letztlich könne das Gespräch bei der Anhörung unter Vermittlung durch den Familienrichter gesucht werden. So hätten die Parteien auch hier relativ leicht zu einer Einigung finden können. Die strittigen Fragen hätten daher für sich allein die Beiordnung eines Rechtsanwalts eher nicht gerechtfertigt.

In dem von dem Vater eingeleiteten Verfahren gehe es jedoch nicht nur um Einzelheiten des väterlichen Umgangs mit den Kindern, sondern aus der Sicht der Mutter auch um gesundheitliche Fragen in Bezug auf die Kinder. Darüber hinaus ständen die Parteien auch hinsichtlich anderer Rechtsfragen in Konflikt, die jedenfalls mit dem Umgangsrecht in Berührung ständen. Auch eine bemittelte kostenbewusste Partei würde daher in dieser Situation einen Rechtsanwalt beauftragen, so dass die Beiordnung gerechtfertigt sei.

 

Hinweis

Lesenswert zu diesem Problem auch BGH XII ZB 232/9 (HI2368598) und OLG Karlsruhe 2 WF 77/10 (HI2360473).

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 13.07.2...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge